Ausgabe Nr. 486

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AUS DER REDAKTION

In Anlehnung an die Stimmung der Jahreszeit und in Erinnerung an die Beisetzungs-feierlichkeiten in Großbritannien erscheint in diesem Heft ein Überblick über militärische Trauerfeiern und Bekleidung der Militärseelsorge. Diese Thematik wurde bisher kaum behandelt und wird jetzt mit zahlreichen Abbildungen erläutert. Auf der Abbildung Nr. XX erinnert das Amtskreuz der evangelischen Geistlichen an das Kreuz der Feldprediger des Krieges 1870/71, von dem bisher kein erhaltenes Original bekannt ist. Wünschenswert wäre es, wenn ein Leser diese Lücke mit einem Foto schließen könnte.

Die Kadettenschule der NVA in Naumburg war zwar nur eine Episode. Dem Autor ist es erfreulicher Weise gelungen, sie wieder in Erinnerung zu rufen. Die Abbildungen zeigen erhaltene Uniformstücke und Details aus dem Leben in der Institution.

Obwohl die Uniformen der letzten beiden hannoverschen Könige häufig dargestellt worden sind, gibt es dennoch Neues bzw. Unbekanntes zu entdecken. König Ernst August in der Uniform des Garde-Jägerbataillons ist bisher noch nicht veröffentlicht worden. Von der bei Langensalza getragenen Interimsuniform König Georgs V. können Detailfotos gezeigt und erläutert werden.

Das schießtechnische Thema behandelt ungewöhnliche Versuche zum Schießen mit mehreren Kugeln aus gewöhnlichen Infanteriegewehren Anfang des 19. Jahrhunderts.

Die Lanze wurde nach 1918 für wenige Jahre wieder eingeführt, obwohl sie im Ersten Weltkrieg kaum eingesetzt wurde. Entsprechend der Überlieferung erhielten sie Lanzenflaggen, allerdings ohne monarchische Symbole. Die Flagge für den Freistaat Mecklenburg wird im Text beschrieben und abgebildet. Die 4. Umschlagseite zeigt ein Exemplar für den Freistaat Sachsen.

Wir wünschen unseren Lesern auch unter der gewärtigen politischen Lage ein gutes neues Jahr 2023 und hoffen weiterhin auf zahlreiche Einsendungen von Aufsätzen oder Anregungen.

Ihr Ulrich Herr und Werner Trolp


Erinnerungskultur, Militärseelsorge

Ulrich Schiers, Detmold:
Die Trauer und Seelsorge in der Armee, bei der Marine und am Hofe

Abb.: Das Trauerpferd anlässlich der Leichenfeier von Prinz Friedrich Franz Xaver zu Hohenzollern-Hechingen am 11. April 1844 in Wien
[Illustrierte Zeitung, Leipzig, 15. Juni 1844].

Zunächst zwei Erklärungen älterer Bräuche

Woher stammt die Sitte, Degen und Helm auf den Sarg eines Kriegers zu legen und das Trauerpferd nachzuführen?

Tacitus berichtet von den alten Deutschen, dass sie mit der Leiche eines Kriegers seine Rüstung, manchmal auch sein Streitross verbrannt hätten. Mit dieser Nachricht stimmen die Bemerkungen anderer Schriftsteller über die Totengebräuche germanischer Stämme im Allgemeinen überein. Man gab den Toten ins Grab, was ihm im Leben unentbehrlich geworden war und was er drüben vermissen würde. Offenbar ist hier an den Glauben angeknüpft, dass die Toten im Jenseits das Leben fortführen, das ihnen hier beschieden war. Das Christentum verdrängte die heidnische Sitte nicht. Eine letzte Erinnerung daran lebt noch immer unter uns, wenn man den Gestorbenen das mitgibt, woran auf Erden sein Herz hing, wie dem Raucher seine Tabakspfeife, dem Schnupfer die Schnupftabaksdose, dem Kinde sein Püppchen und Spielzeug und wenn man einem Kriegsmanne Helm, Handschuh und Degen auf den Sarg legt und das Trauerpferd nachführt. Alarich, und Alboin, Childerich und Karl der Große wurden mit ihren Waffen, Schätzen und Herrscherabzeichen in die Gruft gebracht. Degen und Handschuh finden sich bei den Normannen schon im 11. Jahrhundert auf Grabsteinen ausgemeißelt. Helm, Handschuh, Degen und Sporen wurden bis ins 17. Jahrhundert über einer ritterlichen Gruft aufgehängt, wie das noch heute viele Grabmäler in den Kirchen Norddeutschlands beweisen. In merowingischen Grabstätten vollständig bewaffneter und reich ausgestatteter Männer finden sich Pferdeskelette, die teilweise mit Sattelzeug versehen sind; in der Zeit der Karolinger wurde nur noch das Pferdezeug mit ins Grab gelegt. Im Mittelalter wurde dem Ritter das Streitross, schwarz gepanzert und schwarz behängt, zur Gruft nachgeführt….


Kadetten, Nationale Volksarmee

Dr. Olaf Rönnau, Dresden:
Eine facettenreiche Episode – die Kadettenschule der NVA (1956–1961) in Naumburg/Saale

Abb.: Kadett Thomas Brasch (Klasse 566A)
[Sammlung Verfasser].

Entstehung der Kadettenschule (KS) der NVA

Die Institutionalisierung militärischer Jugenderziehung und die Entstehung von Kadetteneinrichtungen gehen zurück auf die Entwicklung von stehenden Heeren nach dem Dreißigjährigen Krieg in der Mitte des 17. Jahrhunderts, als sich die Landesfürsten in vielen europäischen Staaten darum bemühten, geeigneten Offiziersersatz für ihre Armeen zu rekrutieren. So unterschiedlich die militärische Erziehung der Kadetten im Laufe der Jahrhunderte und im Vergleich der Staaten im Detail auch war, galt es doch stets, „dem Vaterland verantwortungsbewusste Männer heranzubilden“. Das grundsätzliche Ziel, dem jeweiligen Staat loyal ergebene und militärisch fähige Offiziere zu gene-rieren, hatte seit Beginn der Kadettenerziehung in Kadetten-kompanien sowie -akademien des 17. und 18. Jahrhunderts bis zu den Kadetteneinrichtungen des 20. Jahrhunderts grundlegende Bedeutung.

Die Naumburger KS blieb eine Episode, ein kurzes Zwischenspiel in der Geschichte der NVA. Auf den ersten Blick sind die Motive der SED-Führung, eine Einrichtung zur Ausbildung von Kadetten nur wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg aufzubauen, nicht sofort verständlich. Scheint doch das System der Kadettenausbildung, das historisch stark durch die preußischen Kadettenanstalten der Wilhelminischen Epoche geprägt wurde, den Idealen des Sozialismus zu widersprechen. Daher stellt sich die grundlegende Frage: Wie konnte das im monarchistischen preußischen Herrschaftssystem etablierte System der militärischen Kadettenausbildung unabhängig von der inhaltlichen Ausrichtung einen Platz in der DDR finden? Für die politischen Verantwortungsträger der Aufbaujahre der NVA war es gewiss eine Herausforderung, die Einrichtung der ersten und einzigen sozialistischen KS auf deutschem Boden zu bewerkstelligen, um:

„ein politisch zuverlässiges und moralisch gefestigtes Offiziers- und Unteroffizierskorps zu schaffen, das die Einheit von politischer und fachlicher Führung verwirklichen konnte.“


Militärische Ausrüstung

Bernd Wollschläger, Ludwigslust:
Die mecklenburgische Unteroffizier-Lanzenflagge der Reichswehr

Als Ergänzung zum Beitrag in Heft 483 (Januar/März 2022), Seite 53 soll an dieser Stelle die entnobilitierte mecklenburgische Unteroffizier-Lanzenflagge der Reichswehr vorgestellt werden. Die Tradition der beiden mecklenburgischen Dragoner-Regimenter 17 und 18 führten die 1. und die 2. Eskadron des 14. Reiter-Regiments mit den Standorten Ludwigslust (1. Eskadron) und Parchim (2. Eskadron)…

Abb.: Der letzte Ausritt der 1. Eskadron des 14. Reiter-Regiments mit der Lanze im November 1927 bei Ludwigslust.

Uniformkunde

Gerhard Große Löscher, Göttingen:
König Ernst August und Georg V. von Hannover als Garde-Jäger –
Entdeckungen und Vergessenes

In der Studie zu den Bildnissen von König Ernst August wird das Oesterley Gemälde „König Ernst August als Gardejäger“ aufgeführt, ließ sich jedoch damals als Realie nicht nachweisen. Im Frühjahr 2019 wurde es auf dem Kunstmarkt angeboten und kann hier nun dem interessierten Publikum zur Anschauung gebracht werden.

Dem Werkverzeichnis zufolge wurde es im Jahr 1848 abgerechnet, d.h. es wurde etwa zehn Jahre nach der Thronbesteigung von Ernst August im Alter von 76 oder 77 Jahren, gemalt.

Abb.: König Ernst August Portrait als Chef der hannoverschen Garde-Jäger
[Foto des Verfassers].

Der König, in militärisch straffer Haltung schaut mit wachem, durchaus energischem Blick in die Weite. Das Gemälde ist wahrscheinlich auch eine Reminiszenz an die Vergangenheit. Das Kollet und der Tschako in der rechten Hand werden schon bald (1849) dem Waffenrock und dem Jägerkäppi weichen müssen und es dokumentiert aufs Anschaulichste – wie später an einem Beispiel zu zeigen sein wird – die Hinwendung des Königs zu preußischen Uniformvorbildern.

Neben wenigen anderen Regimentern hatte der König sich für das Garde-Jäger-Bataillon die Chefstelle vorbehalten, zu jener Zeit sicherlich eine Auszeichnung und Bekundung des Wohlwollens und Fürsorge für diese spezielle Truppenformation. Insofern war es 1847/48 überfällig, sich in der Uniform des Bataillons portraitieren zu lassen. Es fällt auf, dass auf den Epauletten des Gemäldes keine Rangsterne zu erkennen sind.

Der Ordensschmuck beschränkt sich auf das silberne Kreuz des Guelphenordens, das Wilhelmskreuz und die Kriegsdenkmünze für die im Jahre 1813 freiwillig in die hannoversche Armee eingetretenen Krieger, eine 1841 von Ernst August selbst gestiftete Auszeichnung. Seitlich unter der Ordensschnalle befindet sich der Stern des von ihm errichteten hannoverschen St. Georg-Ordens, der im militärischen Bereich auch als Gardestern dient. Das silberne Schärpenband mit den zwei gelben Durchzügen ist über den beiden untersten Knöpfe um die Taille gelegt, die Quasten möge sich der Betrachter des Bildes hinzudenken, der Säbel nach dem Vorbild des preußischen Füsilier-Offizier-Säbel hat der Maler an der ‚Schwertseite‘ positioniert. Am Tschako mit grünen Hahnenfederbusch ist der gelbe (!) Stern des Welfenordens noch zu erkennen, er wurde beim Uniformwechsel 1838 beibehalten.

Die Entdeckung des Portraits erinnerte den Verfasser dieser Zeilen an die Sotheby’s Marienburg Auktion im Jahre 2005, vor allem an die vielen Waffen und Uniformen die z.T. direkt mit Namen in Verbindung gebracht werden konnten. Für das hier behandelte Thema kommt dem Los 4263 „A Hanoverian Offi cer’s Coatee of the Guard Jäger Battailon, worn by Ernest Augustus, King of Hanover, circa 1840“ entscheidende Bedeutung zu. In dem elektronischen Katalog werden außerdem die auf der Katalogabbildung zu sehenden Epauletten „of green cloth with silver crescents and bullions, two gilt rank stars for General Officer of the Jäger Bataillon, in green card case“ erwähnt. Die Anfrage bei unserem Heereskunde-Kameraden Kai Winkler nach dem Verbleib des Loses bzw. des königlichen Uniformfracks war erfolgreich…


Militärtechnik, Schusswaffen

Manfred P. Schulze, Spandau:
Über das Schießen mit Rehposten und zwei in ein Gewehr geladenen Kugeln in den Jahren 1811, 1818 und 1820

Seit der Erfindung der Feuerwaffen versuchten Generationen von Waffenkonstrukteuren die Effizienz ihrer Erzeugnisse zu erhöhen. Ob bei dem groben Geschütz der Artillerie oder den Handfeuerwaffen, immer wieder gab es Bemühungen aus einer Waffe gleichzeitig oder nacheinander mehrere Schüsse abzugeben. Um dieses Ziel zu erreichen wählten die Geschützgießer sowie die Büchsenmacher jeweils unterschiedliche Ansätze. Bei den großkalibrigen Waffen wie Mörser, Haubitzen und Kanonen spielte das Gewicht eine untergeordnete Rolle, so dass bei den großen Geschützen häufig mehrere Rohre in beliebiger Form in einem Guss entstanden.

Bei der Nutzung der Handfeuerwaffen waren die Schützen schon wegen der schnellen Handhabung auf ein beherrschbares Gewicht angewiesen. Frühe mehrläufige und mit mehreren Schlössern versehene Radschlosswaffen zeugen von den ersten Versuchen eine größere Anzahl von Schüssen abzugeben. Auch das System eines mit Pulverladungen und Kugeln vorgeladenen rotieren den Magazins war schon früh im Gebrauch.

Abb.: Radschlossgewehr mit rotierendem Magazin
[Dresden Gewehrgalerie].

Die Verwendung von auswechselbaren Kammern, die von hinten geladen wurden und eigene Zündschlössern besaßen, sollte die Feuerkraft des einzelnen Schützen erhöhen. Alle diese Systeme waren aber sehr aufwendig und entsprechen teuer in der Herstellung, so dass sie in der Regel nur als ein Beleg für die hochgestellte Büchsenmacherkunst der früheren Zeit anzusehen sind.

Die Idee, zwei Kugeln die durch einen Draht verbunden und mit einer Ladung aus dem Gewehr der Infanterie verschossen werden, findet schon in dem von Rudolph Fäsch 1735 herausgegebenen Kriegs-, Ingenieur-, Artillerie- und See-Lexikon Erwähnung.

Wie in anderen europäischen Staaten, so wurden auch in Preußen schon während der napoleonischen Kriege und auch danach, intensive Versuche zum Schießen mit mehreren Kugeln aus gewöhnlichen Infanteriegewehren unternommen.

Eine geheime Denkschrift gibt darüber Auskunft…


Außerdem dürfen Sie in Ausgabe 486 erwarten:

  • – Das besondere Bild:
    Manfred Böckling, Koblenz:
    Ein Krankenträger der preußischen Infanterie um das Jahr 1914 in Koblenz
  • – Kaisers Geburtstag 1910 (Zeitgenössische Postkarte):
    Putz- und Flickstunde bei der Maschinengewehr-Kompanie des
    Infanterieregiments Nr. 88 in Mainz.
  • – Heeresmuseale Nachrichten:
    Sonderausstellung „Friedrich Freiherr von der Trenck“ oder:
    Wie ein altpreußisches Militärmuseum in Bayern entsteht
  • – Informationen aus der Gesellschaft und den Arbeitskreisen
  • – Buchbesprechungen / Rezensionen