Ausgabe Nr. 447

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Klaus Roider:
“Und schießte mit fünf Hasen-Schrot auf einmal sechs Franzosen todt”
Die auf die Wach ziehende Frau Barbara Helena Körndlein und die Nürnberger Bürgerartillerie

Am 16. September 1792 bot sich den Nürnbergern ein besonderes Spektakel:

Das neust Nürnberger Stück,
so noch nicht längst’ passiert,
Ist dieß,
daß eine Frau ihr’ Wach selbst ausgeführt.

      Abb.:
“Die auf die Wach ziehende Frau In der Freyen Reichs-Stadt Nürnberg
16. Sept. 1792” [Stadtbibliothek Nürnberg, Nor. 754, 4° (6)]

Zum Verständnis müssen einige Worte über das Nürnberger Bürgermilitär verloren werden. Die Stadttore und -mauern Nürnbergs wurden durch reguläres Militär – im 18. Jahrhundert um 1.000 Köpfe stark – und bewaffnete Bürger bewacht und gegebenenfalls verteidigt. Seit 1632 waren die im Rahmen des genossenschaftlichen Verbands der Stadtbewohner dienstpflichtigen Bürger in 24 sogenannten Bürgerkompanien (dazu einige Kompanien der Vorstädte), auch unter der Bezeichnung Bürgerausschuss bekannt, organisiert. Etwa alle eineinhalb Monate hatte jeder Bürger und Haushaltsvorstand an den Stadttoren unter dem Kommando eines berufsmäßigen Wachtmeisters Wachdienst zu leisten, Pässe zu kontrollieren, Schmuggel zu verhindern und unerwünschten Besuchern den Einlass zu verwehren.

Verständlicherweise hatten die Nürnberger Bürger als gewerbetreibende Handwerker wenig Zeit und Interesse, diesen Wachdienst an den Toren in Person wahrzunehmen. Daher engagierte man sogenannte Mittelwächter, alte gebrechliche, schon mit der Aufrechterhaltung ihres Körpers voll beschäftigte Männer, wie es 1802 hieß. Sie waren aber eben auch arme Bürger, die sich auf diese Weise ihren Lebensunterhalt verdienen konnten. Mit dem Wachgeld von 15 Kreuzern war, nach kleineren Abzügen, ihr Existenzminimum gesichert.

Doch was geschah mit Witwen, die ja in der Regel den Handwerksbetrieb ihres verstorbenen Mannes weiterführten (und dies in Zeiten ohne Sozialversicherung auch mussten)? Auch sie tauchen in den Rollen der Bürgerkompanien auf, mit den Vermerken 1/3 oder 2/3: Sie hatten ein ermäßigtes Wachgeld zu bezahlen.

Aber dazu war unsere Protagonistin Barbara Helena Körndlein, Witwe des am 5. April 1792 verstorbenen Drahtziehermeisters Martin Körndlein, nicht bereit. Was dann geschah, erfahren Sie in diesem Aufsatz…


Michael Elstermann:
Die Befreiungskriege
Von Tauroggen bis zu dem Aufruf “An Mein Volk”

Januar bis März 1813 – Teil 1

Abb.:
Faksimile der letzten Seite der Konvention von Tauroggen mit den Unterschriften des preußischen Generalleutnants Yorck und des russischen Generalmajors von Diebitsch

Die Befreiungskriege jähren sich zum 200. Mal. Sie spielen auf mehreren Ebenen eine bedeutende Rolle in der deutschen Geschichte: Einerseits natürlich der militärische Konflikt, also die Befreiung Deutschlands von der französischen Vorherrschaft, die sich in dem größeren Rahmen des 6. Koalitionskrieges abspielte, wichtiger aber ist die Entstehung eines deutschen Nationalbewusstseins bzw. Nationalismus, der in der Einheit Deutschlands endete. Mit den Befreiungskriegen ging die Forderung nach politischen Reformen einher, die langfristig mehr Mitbestimmung und Teilhabe für die Bevölkerung brachte. Auch wenn sich nicht alle Wünsche nach dem Kriege schnell erfüllten und es auch wieder Schritte zurück gab, war die Entwicklung langfristig vorgezeichnet.

Für den Heereskundler liegt eine weitere Bedeutung im den Befreiungskriegen vorausgehenden Abschluss der umfangreichen Reformen, die sich in den Befreiungskriegen bewähren mussten und teilweise, wie die Wehrpflicht, bis in unsere Zeit reichen.
Dieser herausragenden Bedeutung Rechnung tragend, werden wir – beginnend mit diesem Artikel – in den folgenden Ausgaben berichten, was jeweils im selben Zeitraum vor 200 Jahren geschah und damit den Bogen von Tauroggen bis Waterloo spannen.

Abb.:
Helm für Mannschaften des preußischen Regiments der Gardes du Corps. Der 1808 eingeführte Helm wurde in seiner Grundform bis 1843 beibehalten und unterlag nur geringfügigen Veränderungen. Die gewölbten Schuppenketten wurden nach den Befreiungskriegen vorschriftsmäßig. Seit 1821 trug das nunmehrige Garde-Kürassier-Regiment ebenfalls das vorliegende Modell.
Ehemals Sammlung Klaus-Peter Merta.

 

 

 

 

Frank Buchholz:
Das besondere Objekt:
Eine Liste mit Rufzeichen aus den Anfangstagen des Ersten Weltkrieges

Abb.:
Verzeichnis der Rufzeichen der Funkstationen verschiedener deutscher Kommandobehörden von 1914

Thomas Hemmann:
Das Preußische National-Kavallerie-Regiment
1813 – 1814
 – Teil 1

Dieser Aufsatz gibt einen Überblick über die kurze Geschichte des (Ost-)Preußischen National-Kavallerie-Regiments in den Befreiungskriegen 1813 – 1814. Dieses Regiment ist aus mehreren Gründen von Interesse. Zum einen war es das zuerst ausgerückte und zahlenmäßig stärkste aller preußischen National-Kavallerie-Regimenter, die ja fast durchweg aus sich selbst ausrüstenden Freiwilligen formiert wurden. Auf Grund seiner Leistungen wurde das National-Kavallerie-Regiment eine der Stammabteilungen des 1815 neu errichteten preußischen Garde-Husaren-Regiments.

Zum anderen ist vor einigen Jahren eine erweiterte Neuausgabe der (einzigen) Regimentsgeschichte aus dem Jahr 1846 erschienen, die manche Dinge heute in einem anderen Licht als im 19. Jahrhundert erscheinen lässt.

Der Verfasser bringt in diesem Zusammenhang auch die wichtigsten Lebensdaten einiger Persönlichkeiten des Regiments, aus dem mehrere Generale und etwa 50 Offiziere der preußischen Armee hervorgegangen sind. Schließlich gibt die Uniformierung des Regiments Anlass zur Diskussion, insbesondere die Uniform der so genannten “Eliten”. Der Aufsatz schließt ab mit einer Übersicht über die Leistungen des Regiments.

Abb.:
Titelblatt der 1846 von Jordan anonym herausgegebenen Regimentsgeschichte


Rolf Selzer:
Die Bewaffnung der Großherzoglich Hessischen Gendarmen mit Chassepot-Yataganen

Wie bei anderen Gendarmerien wird auch im Großherzogtum Hessen das Chassepot-Gewehr mit dem dazugehörigen Yatagan (Haubajonett) geführt.

Näheres zur Bewaffnung der Gendarmerie mit diesem erbeuteten französischen Waffentyp berichtet der Verfasser fußend auch auf zeitgenössischen Vorschriften und Dienstreglements in diesem Artikel.

Abb.:
Großherzoglich Hessischer Gendarm um 1880. Eine Begründung für den Aufnahmeort Schweinfurt war bisher nicht möglich.

 

Richard Langner:
Der “Briefbeschwerer des Großherzogs” – Ein Patronentaschenklotz aus Glas.

Abb.:
Auszug aus dem Armeeverordnungsblatt vom 16. August 1895

Die Geschichte begann 1972 auf dem Flohmarkt in Oldenburg, der damals als einziger Flohmarkt der Region einige Male im Jahr unter den Brücken auf dem Pferdemarkt stattfand.
Immer auf der Suche nach oldenburgischen Militaria aus der Epoche von 1813 bis 1918 fand ein Sammler bei einem Anbieter einen unscheinbaren, schon etwas lädierten grünen Glasklotz. Unscheinbar aber nur auf den ersten Blick: Wegen des unsauberen Gusses mit Lunkern und Einschlüssen wurde er zeitlich schnell als “etwas älter” eingestuft. Schaute man sich das Stück genauer an, entdeckte man auf einer Seite das Monogramm von Peter I. Friedrich Ludwig von Oldenburg (1755–1829).

Wozu dieser “Großherzogliche Briefbeschwerer” diente, erfahren wir in diesem Artikel.

Abb.:
Patronentasche 88
und eine 3 Laderahmen mit jeweils 5 Patronen fassende Patronenpackung.
Der danebenstehende Patronentaschenklotz aus Glas weist etwa dieselben Abmessungen wie die Patronenpackung auf.


Rolf Noeske:
Die Neuformationen der preußischen Armee zum 1. Oktober 1912
gemäß Ergänzung zum Reichshaushalts-Etat 1912

Anmerkungen zu den Pietsch-Tafen in diesem Heft

Eine unlängst gestellte Frage, wann in der preußischen Armee vor 1914 z.B. ein Infanterie-Regiment eine rote Schulterklappe mit gelber Nummer und wann eine hellblaue mit roter Nummer trug, führte den Verfasser zu der Beschäftigung mit den einschlägigen Erlassen zur Organisation der Armeen und Korps auf Grund der zahlreichen Neuformationen ab 1890. Dass die Spur hierzu nicht einfach zu verfolgen ist, hat in erster Linie einen politischen Hintergrund, nämlich die zögerliche Bewilligung der erforderlichen Haushaltsmittel durch das Parlament. Die Vermehrung der Armeen und Korps bereits im Frieden erfuhr allgemein keine Begeisterung, sodass manche Seitenwege eingeschlagen werden mussten, um die notwendigen Änderungen herbeizuführen.

An Hand der Formierung des XX. und des XXI. Armeekorps im Jahre 1912 bantwortet der Autor die Frage nach den unterschiedlichen Schulterklappenfarben eines Infanterie- oder eines Feldartillerie-Regiments nach 1899.


G.-Michael Dürre und Ulrich Herr:
Architektonische Details an Heeres-Kasernen der 1930er Jahre

In einem Beitrag über die Neubauten des Heeres schrieb Oberregierungsrat Noak: “Dabei konnte dem bekannten Erlaß des Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda vom 29. Mai 1934 weitgehend entsprochen werden, auch den bildenden Künstler zu Worte kommen zu lassen.” Wer sich heute die erhalten gebliebenen Kasernen aus den 1930er Jahren genauer ansieht, entdeckt jedoch relativ selten auffallenden plastischen Schmuck an den Gebäuden. Zum einen scheint der erwähnte Erlass kaum umgesetzt worden zu sein. Zum anderen sind die an Kasernengebäuden befindlichen Hoheitszeichen des so genannten Dritten Reiches und teilweise auch harmloser Zierrat nach 1945 mehr oder weniger restlos entfernt worden. Im Raum Berlin/Brandenburg finden sich jedoch noch einige wenige interessante Beispiele, die Architektur und Uniformkunde verbinden.

Abb.:
Ehemalige Seeckt-Kaserne. Kragstein mit der Darstellung eines Stahlhelms M 1916 und der Jahreszahl 1915 [Aufnahme Juli 2012]

 

 

 

 

 

 

Gerhard Wanner:
Der Schraubenzieher für das Gewehr 98

Leitfaden betreffend das Gewehr und Seitengewehr 98 vom 19. Januar 1899 (Berlin 1902):

Nr. 42 – “Zu zehn Gewehren gehört ein Schraubenzieher”.
Nr. 104 – “Anwendung von zwei zusammengeschraubten Stöcken. In den Einstrich des hinteren Stockes wird ein Wergstreifen eingeführt und reichlich geölt. Die Stöcke – das Schraubenende voran – werden von der Hülsenbrücke aus durch den Lauf geführt. Beim Hervortreten aus der Mündung wird der Schraubenzieher auf das Schraubenende geschraubt und als Griff zum Herausziehen der Stöcke benutzt.”

Über weitere Details wie Benutzung, Verwendungszeit und Varianten berichtet der Verfasser mit weiteren Fotos hinterlegt in seinem Artikel.

Abb.:
Schraubenzieher für Gewehr und Karabiner 98


Wolfgang Klepzig:
100 Jahre S-Kandare
Vom “kaiserlichen” Heer bis heute

Im letzten Jahr jährte sich nicht nur die “Reitvorschrift” zum 100ten Mal, sondern auch die Einführung der S-Kandare als militärischer Ausrüstungsgegenstand. Mit der Einführung der „Reitvorschrift“ D.V.E. Nr. 12 vom 29. Juni 1912 wurde gleichzeitig die S-Kandare für die Preußische Armee und deren Kontingente sowie von fast allen Bundesstaaten des Deutschen Kaiserreiches eingeführt. Dies war die Geburtsstunde der über die Jahrzehnte im Deutschen Heer bei allen berittenen und bespannten Truppenteilen bis 1945 genutzten Gebissform, die sich bis heute gehalten hat. Entsprechend der Leistungs-Prüfungs-Ordnung (LPO) der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) in ihrer derzeitig gültigen Fassung darf sie nach wie vor eingesetzt werden.

Gegliedert in die Zeiträume 1912-1918 und 1918-1945 befasst sich der Autor ausführlich mit Vorschriftenlage, Materialbeschaffenheit, Maßangaben, Stempelung, Firmenzeichen sowie Beschriftungen und spannt einen reich bebilderten Bogen von der Einführung der S-Kandare bis heute.

Abb.:
S-Kandare für Linien-Kürassier-Offiziere mit in Marschrichtung links aufgenietetem Buckel


Karsten Kromann:
Auf Spurensuche
Das Marine-Expeditionskorps in Deutsch-Südwest-Afrika 1904/05

Von Khorixas nach Swakopmund benötigt man heutzutage mit einem Allradfahrzeug etwa vier Stunden, um die Namib-Wüste zu durchqueren. Dann empfängt den Besucher ein hübsches, an ein Ostseebad erinnerndes Städtchen mit sauberen Grünanlagen, farbenfrohen Häuserfassaden, gemütlichen Straßencafès und den liebevoll restaurierten und gepflegten Zeugnissen deutscher Militärpräsenz in Südwestafrika. Swakopmund galt als das “Tor zu Südwest”. Hier wurde der größte Teil des im Schutzgebiet benötigten Materials, von Waren und Nutzvieh angelandet. Auch die Siedler und die Schutztruppensoldaten kamen hier an. Das Beförderungsmonopol in das Schutzgebiet lag in den Händen der Woermann-Schifffahrtslinie.

Mit dem Ausbruch des Herero-Aufstandes im Januar 1904 wurde zur Unterstützung der aus lediglich vier Kompanien (1. – Windhuk, Oberleutnant v. Stillfried; 2. – Omaruru, Hauptmann Franke; 3. – Keetmannshoop, Hauptmann v. Koppy; 4. – Outjo, Hauptmann Kliefoth) und einer Gebirgsbatterie (Okahandja, Hauptmann v. Heydebreck) bestehenden Schutztruppe und dem 82 Mann starken Landungskorps des Kanonenbootes S.M.S. “Habicht” (Kapitänleutnant Gygas) ein Marine-Expeditionskorps in Deutschland zusammengestellt.

Der Verfasser berichtet über die Gliederung und die kurze Geschichte dieses Expeditionskorps, das mit A.K.O. vom 31. Mai 1905 wieder aufgelöst wurde und zeigt Fotos noch vorhandener Spuren; auch eines in Swakopmund gefundenen Helmadlers.

Abb.:
Das Denkmal in der Nähe des Leuchtturmes von Swakopmund trägt neben den Namen der Gefallenen des Marine-Expeditionskorps die Inschrift:
DEN IM KAMPFE ZUR ERHALTUNG DER KOLONIE GEGEN DIE AUFSTÄNDISCHEN HEREROS 1904-05 GEBLIEBENEN DES MARINE-EXPEDITIONSKORPS GEWIDMET / EHRE SEI DEN BIS IN DEN TOD GETREUEN!


Außerdem dürfen Sie in Ausgabe 447 erwarten:

  • – Das Jahresinhaltsverzeichnis der Zeitschrift für Heereskunde 2011/2012
  • – Aus dem Archiv der Gesellschaft für Heereskunde:
    Von Richard Knötel Anfang des 20. Jahrhunderts gestaltete Einladungskarte zur Sitzung
  • – Werbung: Werbeanzeige aus dem Ersten Weltkrieg für einen Armee-Dolch
    (Lieferung an Frontsoldaten nur gegen Vorkasse)
  • – Das besondere Bild: Eine Stube des Lehr-Infanterie-Bataillons Potsdam 1912
  • – Kurioses aus den Sammlungen unserer Mitglieder:
    Einführen von Gehörschutzwatte gemäß MB-910/14
  • – Aufgelesen: Armee-Verordnungsblatt 1919, S. 11:
    “Vernichtung und Veräußerung von Akten”
  • – Beilage: Vier Pietsch-Tafeln zur Uniformierung des XX. und XXI. Armee-Korps
  • – Informationen aus der Gesellschaft und den Arbeitskreisen
  • – Buchbesprechungen / Rezensionen