Ausgabe Nr. 453

Leider vergriffen!

Frank Buchholz:
Strukturelle Defizite der deutschen Armee im Marnefeldzug 1914
Teil 1

Abb.: Täglicher Verpflegungsbedarf eines Infanterie-Bataillons.

Aufgrund des historischen Datums begegnet uns im Jahr 2014 eine Vielzahl von Publikationen, die sich mit dem Ersten Weltkrieg befasst, die insbesondere seine Anfangsphase, den Westfeldzug im August und September 1914 und das Scheitern des Schlieffenplans in der Marneschlacht beleuchten. In vielen dieser Bücher und Aufsätze werden erneut die operativ-strategischen Abläufe, die Entscheidungen der Obersten Heeresleitung, der beteiligten Armee-Oberbefehlshaber und die Entscheidungen und Reaktionen der Alliierten Seite untersucht – bis hin zu „was wäre wenn“ Szenarien, die der Frage nachgehen, ob ein Sieg an der Marne nicht doch möglich gewesen wäre und wenn ja, unter welchen Bedingungen.

Diesen Fragestellungen versucht der vorliegende Aufsatz in seinen drei Teilen aber gerade nicht nachzugehen. Der Autor teilt die verbreitete und allgemein akzeptierte Position, dass die verfügbaren deutschen Kräfte im Sommer 1914 nicht ausreichend waren, um einen Sieg im Westen – oder gar im Westen und im Osten – gemäß den Vorgaben des Schlieffenplans herbeiführen zu können. Der vorliegende Aufsatz untersucht darüber hinaus gehend, inwieweit deutlich erkennbare strukturelle Defizite der in langen Friedensjahrzehnten aufgebauten deutschen Armee(n) durch die Konfrontation mit der Kriegswirklichkeit 1914 offensichtlich wurden und ihrerseits zum Scheitern an der Marne beigetragen haben. Zu diesen strukturellen Defiziten zählen insbesondere drei Themenbereiche, die es lohnen, einmal näher betrachtet zu werden:

1. Logistische Probleme bei der Versorgung der blitzkriegartig vorgehenden Armeen des rechten Angriffsflügels,

2. Der unvorbereitete Einsatz der großen Truppenkörper der Heereskavallerie, den HKKs, und deren unzureichende Leistungen in der operativen Aufklärung,

3. Das Versagen des Prinzips der Führung durch Weisungen (heute: Auftragstaktik) angesichts der völlig unzureichenden Kommunikationsverbindungen zwischen Oberster Heeresleitung (OHL) und den Armee-Oberkommandos (AOKs).

Abb.: Proviant-Kolonne auf dem Marsch.

Es geht hier auch nicht darum, die Leistungen der deutschen Armee(n) im Vergleich zum Beispiel zu Briten und Franzosen zu bewerten. Gerade in der französischen Armee hat der Kriegsbeginn ebenfalls etliche Defizite an Führung, Ausrüstung, Bewaffnung, Ausbildung, Eisenbahnwesen und Nachschub offengelegt. Aber die deutsche Armee nimmt hier eine Sonderrolle ein: eine Armee, die seit Jahren die Doktrin verfolgte, den Sieg durch die Vernichtung des Gegners in einer blitzkriegsartigen Operation herbeizuführen, war gezwungen, nicht nur auf dem Gebiet von Taktik, Operationsführung, Ausbildung und Ausrüstung ihren Gegnern überlegen zu sein, sie hätte auch die logistischen Anforderungen eines solchen Blitzkrieges tiefer durchdringen und entsprechende Vorbereitungen treffen müssen. Hier wurde die deutsche Armee aber von ihren eigenen Traditionen eingeholt…


Ulrich Herr:
“Eine Uniform genügt doch”
Die zwei Generalsuniformen der Kommandeure der mecklenburgischen 34. Infanterie- sowie der 17. Kavallerie-Brigade

Dass im Kaiserreich die Kommandeure der beiden mecklenburgischen Brigaden (34. Infanterie-Brigade: Grenadier-Regiment Nr. 89 und Füsilier-Regiment Nr. 90 sowie 17. Kavallerie-Brigade: Dragoner-Regimenter 17 und 18) als Generale zwei verschiedene Generalsuniformen vorhalten und je nach Anlass tragen mussten, ist einerseits vermutlich wenig bekannt und aus heutiger Sicht kurios, andererseits aber auch Ausdruck des besonderen Charakters der Preußischen Armee als Kontingentsarmee sowie der differenzierten Rechte, die Preußen den kleineren Bundesstaaten in den mit diesen abgeschlossenen Militärkonventionen zugestand…

Abb.:
Großherzoglich mecklenburgischer General Julius von Holstein (1814 – 1888), aufge- nommen um 1880. Seit 1878 Generalmajor wurde er 1881 Generalleutnant und Chef des großherzoglichen Militärdepartements. Holstein fiel als rein mecklenburgischer General nicht unter die Bestimmungen der AKO vom 22. Mai 1877 [Archiv Keubke].

Wolfgang Klepzig:
Die weiblichen Chefs bzw. Inhaber von Truppenteilen des deutschen Heeres
mit Stand 1914

Mit diesem Beitrag soll der Versuch unternommen werden, ein in der Heeres- und Uniformkunde nur hin und wieder bearbeitetes Thema in Erinnerung zu bringen und durch Abbildungen zu bereichern. Vor allem dem Altmeister der Uniformkunde Paul Pietsch ist es zu verdanken, sich als erster mit dem Thema beschäftigt zu haben. Gleichwohl ist auch der Fotografie der damaligen Zeit zu danken. Durch diese gestochen scharfen Aufnahmen kann noch heute fast jedes Detail erkannt werden. Da in den Bekleidungsvorschriften von Preußen, Bayern und Sachsen nur die Uniformen der männlichen Chefs behandelt und mit keinem Wort die weiblichen erwähnt werden, sind diese Zeugnisse heute umso wertvoller.

Abb.:
Uniform der Herzogin von Braunschweig als
2. Chef des 2. Leib-Husaren-Regiments Nr. 2. Dieses einzigartige Uniformensemble wurde von ihr dem Wehrgeschichtlichen Museum Rastatt übereignet.
[Wehrgeschichtliches Museum Rastatt]

Weibliche Regimentschefs galten natürlich nicht als Offiziere, dennoch erschien ein Teil von ihnen selbstverständlich zu offiziellen Anlässen ihres Regimentes in Uniform.

Die fürstlichen Damen wurden, wie auch in anderen europäischen monarchischen Staaten, vom Souverän als Chef der Armee zum Chef eines Regimentes ernannt. Für das Regiment war es eine hohe Auszeichnung und Ehre einen Chef zugewiesen zu bekommen und einen weiblichen Chef als besondere Seltenheit. Aber auch für den Chef war es eine besondere Ehre.

Auguste Viktoria Königin von Preußen und Deutsche Kaiserin beispielsweise war, wie alle ihre Vorgängerinnen nach Königin Luise, stillschweigend Chef des Kürassier-Regiment Königin (Pommersches) Nr. 2 – aber traditionell ohne Führung in der Rangliste. Die ernannten Chefs traten vollständig in das Verhältnis eines Chefs ein, hatten keine Befehlsbefugnis, erhielten aber allerdings regelmäßig den Offizier-Rapport, die Ranglisten, alle Vorkommnisse und die eingereichten Beförderungsvorschläge vorgelegt. Die stillschweigende Pflicht war das Eintreten für die sozialen Belange ihres Regimentes. So kümmerten sie sich zum Beispiel um in Not geratene Familien, junge Offiziere die sich kein eigenes Pferd leisten konnten, die Truppenküche, Kasernengärten, die jährliche einmalige Zulage für Regimentsmusiker sowie um das Einrichten einer Bibliothek.

Ein Teil der weiblichen Chefs war in der Lage, an der Spitze ihres Regimentes reitend, dieses in der Parade dem König vorzustellen oder bei offiziellen Anlässen mit ihrem Pferd im Glied stehend präsent zu sein. Dieses verlangte von den Damen Mut und ein gehöriges Maß an Selbstbewusstsein. Denn sie mussten im Damensattel absolut zu Hause sein, also auch bei der Geräuschkulisse einer Parade reiten können.

Obwohl sich, wie bereits erwähnt, die Vorschriften nicht darüber auslassen, entsprachen die Uniformen für die verschiedenen Anlässe, bis auf wenige Ausnahmen, vollkommen den Bekleidungsvorschriften. Die Damen als Chef oder Inhaber eines Regimentes trugen die Uniform des Truppenteils, sowie je nach Anlass die Achselstücke oder Epauletten eines Stabsoffiziers…

Frank Langer:
Sekondelieutenant v. Scheven und Unteroffizier d. R. Fischer – Zwei Feldzugsteilnehmer von 1864 als Angehörige der 10. Kompanie des Infanterie-Regiments Nr. 60

Die nach einem lebhaften Bietergefecht im Internet erworbene und rückseitig als „Feldzugsbild“ bezeichnete Carte de Visite (siehe Abb.) erweckte von Anfang an nicht nur mein Interesse. Die zusätzliche Namensangabe ermöglichte glücklicherweise die Überlieferung des Fotografierten bis in unsere Tage. Es handelt sich hier um den jungen Sekondelieutenant Curt von Scheven (geb. 1841 in Boblin, Pommern1), Angehöriger der 10. Kompanie des 7. Branden- burgischen Infanterie-Regiments Nr. 60.

Ein junges, erst durch die Heeres- reorganisation 1859/1860 aufgestelltes Infanterieregiment, welches seinen Ersatz aus den damaligen Kreisen Ober- und Nieder-Barnim, Teltow und der Stadt Berlin erhielt und damals im bevorstehenden Feldzug gegen Dänemark antrat, um „sich ebenbürtig den alten brandenburgisch-preußischen Regimentern an die Seite zu stellen, welche zu allen Zeiten und an allen Orten in unwandelbarer Pflichterfüllung ihre höchste Ehre, und in der Anerkennung ihres Allerhöchsten Kriegsherrn ihren höchsten Lohn gefunden haben“.

Abb.:
Sekondelieutenant Curt von Scheven, zeitgenössische Fotografie (Carte des Visite), aufgenommen zwischen August und Oktober 1864 [Sammlung Langer].

Dieser Antritt wurde den „60igern“ beim Überschreiten der Eider am 1. Februar 1864 im Zuge des genehmigten Vorrückens auf Schleswig gewährt, indem das Regiment „beim Dorfe Windeby eine dort standhaltende feindliche Abtheilung in kurzem Anlauf“ zurückwarf und somit „thatsächlich den Feldzug an dieser Stelle eröffnete“. Einen Tag später im Gefecht bei Missunde erhielt dann das gesamte Regiment seine Feuertaufe mit einem nicht unerheblichen Blutzoll von 21 Toten und 31 Verwundeten.

Hierzu nun die ersten Auszüge aus einer seltenen zeitgenössischen Quelle, den Briefen vom 3. und 9. Februar 1864 aus dem Briefnachlass des damaligen Reserveunteroffiziers und Korporalschaftsführer Ernst Fischer, Soldat, wie der Sekondelieutenant von Scheven, in der 10. Kompanie:

„Gestern waren wir zum ersten Mal bei Missunde im Feuer, konnten aber die Schanzen wegen Mangel an schwerem Belagerungsgeschütz nicht nehmen. Unser Regiment hat manchen Mann verloren. Ich bin unverwundet, doch flog mir eine Kugel gegen den Hacken des rechten Fußes, so daß er etwas anschwoll. […]

 

Wir rückten früh 4 Uhr aus Bornstein, einem Dorf vor Eckernförde, aus und marschierten auf der Chaussee längs der Ostsee durch Eckernförde. Beim Dorf Kosel war der erste Kampf, von dem wir nur die Schüsse hörten und Blutspuren später im Schnee sahen. Nachdem dort die Dänen geworfen waren, ging es weiter auf Missunde zu. Einen entsetzlichen Anblick gewährten uns beim Einrücken ins Gefecht die Verwundeten…“ …

Anmerkungen zur Abbildung:

Der junge Offizier trägt den Waffenrock der preußischen Linieninfanterie. Die Epauletten sind befehlsgemäß für die Dauer des Feldzuges abgelegt, damit die Offiziere vom Feind nicht auszumachen sind. Am linken Oberarm sichtbar die angelegte weiße Armbinde als gemeinsames Erkennungszeichen der österreichischen und preußischen Truppen während des Feldzuges. Als Kopfbedeckung trägt v. Scheven die Feldmütze ohne Schirm (auch „Offizierkrätzchen“ genannt), eine Kopfbedeckungsart, die im Felde von den Offizieren getragen werden durfte. Die Tuchhose ist feldzugstypisch in die bis an die Knie reichenden „langschäftigen Stiefeln“ hineingesteckt. Als Bewaffnung dient eine an dem 2 cm breiten Leibriemen getragene Faustfeuerwaffe. Da erst 1885 zur Feldausrüstung vorgeschrieben, war die Beschaffung derartiger Waffen eine Selbstinitiative, die aber oft durch die Regimenter übernommen wurde, indem diese durch Einkauf eines einheitlichen Revolvertyps am Markt in Vorkasse gingen (Vgl. Braumüller: Geschichte des Königin Augusta Garde-Grenadier-Regiments Nr. 4, Berlin, 1901, S. 11). In der linken Hand hält er den für die Offiziere der Füsilierbataillone vorgeschriebenen „Füsiliersäbel“. Als einziges Ausrüstungsstück trägt v. Scheven eine Feldflasche. Es könnte sich hier um eine dänische handeln, die von den preußischen Truppen als Beutestücke sehr beliebt waren oder auch von dänischen Gefangenen (von den Preußen „Hannemänner“ genannt) käuflich erworben wurden. Auf der linken Brustseite des Waffenrockes der für „Düppel“ verliehene Roter-Adler-Orden 4. Klasse mit Schwertern am Kämpferband.


Jens Nguyen:
Das besondere Bild –
Porträt des russischen Zaren Nikolaus I. als Chef des Kürassier-Regiments Nr. 6

Abb.: Privatsammlung.

Vier besonders interessant erscheinende Aspekte des nebenstehend abgedruckten „besonderen Bildes“ sollen hier genauer beschrieben werden.

Bei dem Porträt handelt es sich um eine Chromolithografie, die als Weiterentwicklung der Steindrucktechnik, der sogenannten Lithografie gilt.

Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts stellte dieses Flachdruckverfahren die gebräuchlichste Drucktechnik dar, durch die detailreiche und ebenso künstlerisch anspruchsvolle Skizzen, Zeichnungen usw. in hohen Stückzahlen vervielfältigt werden konnten.

Eine mehrfarbige Reproduktion in hohen Auflagen war jedoch erst mit dem Aufkommen der Chromolithografie zu Beginn des 19. Jahrhunderts möglich. Zu den Profiteuren dieser neuen Drucktechnik gehörten in erster Linie die Naturwissenschaften wie beispielsweise die Botanik oder die Ornithologie, die ihre Forschungsergebnisse nun in wirtschaftlich akzeptablen Arbeiten publizieren konnten.

Der zweite interessante Aspekt ist in der dargestellten Person zu sehen…


Klaus-Ulrich Keubke:
Ein Dokument Mecklenburg-Schweriner Militärgeschichte – Urkunde über den Militärabschied von 1823

Abb.:
Urkunde für Johann Schumacher über den Abschied aus dem Militärdienst vom 25. April 1823. Links unten hat der Brigade-Chef Generalmajor von Both, rechts der Kommandeur des 1. Musketier-Bataillons Major von Pressenthin unterschrieben [Sammlung Stephan].

Wolfgang Friedrich:
Die Gendarmerien und deren Uniformen in napoleonischer Zeit
Teil 3 – Herzogtum Sachsen-Gotha-Altenburg, die Königreiche Württemberg, Bayern, Sachsen und Preußen, das Großherzogtum Hessen-Darmstadt sowie das Kaiserreich Russland

Abb.:
Königreich Sachsen, Rekonstruktion der erbländischen Gendarmerie: Gendarm zu Fuß 1809, Obergendarm zu Pferd 1809/1810, Obergendarm zu Pferd (nach der Kokarde 28.10.1813 – 16.6.1814) (v.l.n.r.).

Gerhard Wanner:
Die Schraubenzieher für die bayerischen Werderwaffen

Ein sammeltechnisch vernachlässigtes Waffenzubehör sind oft die zugehörigen Werkzeuge.
In diesem Beitrag behandelt der Verfasser die Schraubenzieher für die bayerischen
Gewehre M/69 und M/69 neuer Art sowie die Kavallerie-Schraubenzieher für die Karabiner und Pistolen M/69.

Abb.:
Der Schraubenzieher für das Infanteriegewehr M/69 n.M.

Knut Matzat:
Epauletten der Großherzoglich Mecklenburg-Schwerinschen Landesgendarmerie

Bezug nehmend auf den Artikel von Rolf Selzer: “Oberwachtmeister der Mecklenburg-Schwerinschen Landes-Gendarmerie” (Zeitschrift für Heereskunde, Ausgabe 449, Seite 148), stellt der Verfasser in diesem Beitrag die Epauletten der Gendarmerie des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin im Original vor.

Abb.:
Porträt eines unbekannten Gendarmen
um 1844.
[Staatliches Museum Schwerin]
Abb.:
Epaulette eines Wachtmeisters
um 1820.

Außerdem dürfen Sie in Ausgabe 453 erwarten:

  • – Das besondere Objekt:
    Transportbedarfsmeldung des Oberst Marquard vom 31. Juli 1914
  • – Das besondere Objekt:
    Vorlage für die Schulterklappen des Infanterie-Regiments Nr. 127
  • – Aufgelesen:
    Vorschlag für ein Schützenabzeichen der preußischen Jäger und Schützen von 1862
  • – Das besondere Objekt:
    Schulterklappe vom Reserve-Feldartillerie-Regiment Nr. 26
  • – Heereskunde im Internet – 5
  • – Veranstaltungshinweise:
    Sonderausstellung “Alltag zwischen Front und Heimat”
    Die Garnison Ludwigsburg im Ersten Weltkrieg
  • – Informationen aus der Gesellschaft und den Arbeitskreisen
  • – Buchbesprechungen / Rezensionen
  • – Beilage:
    Pietsch-Tafeln zur Uniformierung des Zeug-Feuerwerks- und Festungsbaupersonals
    sowie der weiblichen Chefs bzw. Inhaber von Truppenteilen des deutschen Heeres 1914