AUS DER REDAKTION
„Investition in die Zukunft der Vergangenheit“ werden in einigen Veröffentlichungen der letzten Wochen als Aufgabe der Archive bezeichnet. Nach unserer Meinung trifft diese Formulierung auch ein Anliegen dieser Zeitschrift. Aspekte der Kulturgeschichte der Streitkräfte werden aus möglichst vielfältigen Bereichen dokumentiert und den Lesern zugänglich gemacht. Dabei gibt es keine Beschränkung auf deutsche Streitkräfte und auch nicht auf den Heeresbereich. So bringt der Artikel über den Seekrieg 1870/71 eine Ergänzung zu den Berichten über die bekannten großen Schlachten vor 150 Jahren. Der Aufsatz über die Testpiloten der Luftwaffe ist der abschließende Teil eines Artikels, der bereits 2018 hier veröffentlicht wurde. Auch in diesem Heft hat die Uniform-/Blankwaffenkunde mit dem braunschweigischen Dragonern im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg einen gebührenden Platz.
Unter der Überschrift „Kriegsbeute“ wird die propagandistische Verwendung erbeuteter Waffen und Ausrüstungsstücke dargestellt. Ein Beispiel ist die Kanone Greif aus dem 16. Jh. auf der Festung Ehrenbreitstein, die mehrmals nach Paris und zurück transportiert wurde – heute spektakuläres Exponat und bedeutsames historisches Erinnerungssymbol. Ein weiterer Beitrag stellt persönliche Erinnerungsstücke aus dem 2. Weltkrieg vor und zeigt auf, wie mit der Erinnerung an das Kriegsgeschehen umgegangen wurde. Der Blick in die Protokolle des Reichstags bringt unsern Lesern eine differenzierte Sicht der Verleihung des Eisernen Kreuzes im 1. Weltkrieg.
Zu „guter(?) Letzt“ erinnert das Bild auf der vierten Umschlagsseite an die Einführung von Haarnetzen in der Bundeswehr unter Verteidigungsminister Schmidt. Die Episode „German Hairforce“ soll auch anregen, Erlebnisse aus Vergangenheit und Gegenwart deutscher Streitkräfte schriftlich niederzulegen und uns zur Veröffentlichung zu übermitteln.
Weil das Zusammentreffen in den Arbeitskreisen/ bei der Jahreshauptversammlung durch die Pandemie erheblich eingeschränkt ist, hat der Informationsaustausch zwischen den Mitgliedern an Bedeutung gewonnen. Hierzu wollen wir mit dem Heft beitragen.
Ihr Ulrich Herr und Werner Trolp
Kriegsbeute
Dr. Thomas Weißbrich, Berlin:
1940, Paris-Berlin. Zur Geschichte deutscher und französischer Kriegsbeute
Militärgeschichte
Ulrich Schiers, Detmold:
Der deutsch-französische Krieg zur See, Anno 1870/71.
Verleihung von Orden und Ehrenzeichen
Knut Matzat, Schwerin:
Ein Knopflochband zum Mecklenburg- Schwerinschen Militärverdienstkreuz 1914
Stephan Schwarz, Zolling:
Ansehensverlust des Eisernen Kreuzes im Ersten Weltkrieg:
Eine Betrachtung unter der Berücksichtigung der Protokolle aus dem Deutschen Reichstag
Keine andere deutsche Auszeichnung hat eine so hohe Symbolkraft erlangt, wie das Eiserne Kreuz, obwohl es deutlich prächtigere Orden gab wie zum Beispiel den Pour le Mérite auch Blauen Max genannt. Das hohe Ansehen speiste sich ursprünglich aus drei Gründen:
1. Das EK wurde im Zuge eines Befreiungskampfes gegen einen verhassten Usurpator gestiftet und avancierte somit zum Symbol eines gerechten Freiheitskampfes.
2. Das Eiserne Kreuz sollte ursprünglich ohne Ansehen und Rang der Person alleine für herausragende Tapferkeit / Verdienste verliehen werden. Es griff somit den damals noch sehr revolutionären Gedanken der Gleichheit auf, den man sich in der Französischen Revolution auf die Fahnen geschrieben hatte. Eine gewisse Ironie der Geschichte lässt sich schon darin erkennen, dass ausgerechnet im Kampf gegen den französischen Kaiser die Gleichheit für die Erlangung des bekanntesten Abzeichens des Befreiungskampfes die Herzen der Kämpfer erfüllte.
3. Die Träger oder wie sie bald schon genannt wurden Ritter des Eisernen Kreuzes waren Teil einer Elite, egal welchen Rang sie hatten, das Eiserne Kreuz verlieh ihnen durch seine Seltenheit ein hohes Ansehen. Es wurden weniger Kreuze hergestellt und verausgabt als sie verdient wurden. So führte man Vererbungslisten ein, auf dass würdige Veteranen die Eisernen Kreuze von 1813 nach dem Tode bisheriger Träger erbten.
Die Firmen Junkers, Dornier und Rohrbach umgingen diese Zwangsmaßnahmen, in dem sie Werke im Ausland betrieben. Auch Ernst Heinkel verstand es, seine Konstruktionen bei der schwedi schen Luftwaffe, die an Seeflugzeugen interessiert war, in die Luft zu bringen. Die Stärke des Heeres war auf 100.000 Mann beschränkt, dazu kamen 15.000 Mann für die Marine. Die Wehrpflicht war abgeschafft worden. Auch durfte es im Deutschen Reich nach Artikel 16 des Versailler Vertrages keinen Großen Generalstab mehr geben. Das Truppenamt im Reichswehrministerium (RWM) übernahm mit rund 60 Offizieren in vier Abteilungen die Rolle des Generalstabs; auf Ebene der Gruppenkommandos und der nachgeordneten Divisionen waren in den dortigen Stäben Generalstabsoffiziere tätig, die nun Führerstabsoffiziere genannt wurden, und aus der Generalstabsausbildung wurde die Führergehilfenausbildung, die nicht mehr zentral, sondern in den Wehrkreisen durchgeführt wurde. Die militärische Führung war offensichtlich nicht bereit, die Verbote des Versailler Vertrags u.a. mit Blick auf einen späteren Aufbau einer fliegenden Truppe auf Dauer hinzunehmen…
Teil 1: „Testpiloten” erschienen in:
Zeitschrift für Heereskunde Nr. 470, Oktober/Dezember 2018, S. 170 – 177.
Erinnerungskultur
Rolf Noeske, Meckenheim:
Der Krieg war kein Thema – Erinnerungsstücke aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges
Die durch die Covid-19 Pandemie bedingte Situation führte auch bei mir dazu, mal wieder das Archiv gründlich zu durchforsten und zu entrümpeln. Dabei fiel mir wieder ein Ordner mit rund 50 Feldpostbriefen meines Vaters und meiner Mutter (siehe unten), aber auch andere wichtige Dokumente aus dem Zweiten Weltkrieg in die Hände. Und da stand ja noch eine geschnitzte Zigarettendose aus der Zeit der Kriegsgefangenschaft meines Vaters mit seiner Erkennungsmarke bei mir im Bücherschrank. Alles stumme Zeugen einer schrecklichen Vergangenheit.
Artilleriewesen
Manfred P. Schulze, Spandau:
D. F. Lewert, Mechanicus in Berlin – Lieferant der Königlich Preußischen Artillerie
Nach dem Sieg über Napoleon und der Neuordnung Europas hatte Preußen sein Staatsgebiet erheblich erweitern können, doch seine Armee musste neu aufgebaut und organisiert werden. Die ungeheuren Verluste an Menschen und Material durch die Befreiungskriege konnten, bedingt durch die ökonomischen Verhältnisse nicht so schnell ausgeglichen werden. Zwar waren bereits zwischen 1807 und 1813 die ersten Reformen des preußischen Staates erfolgt, doch erst nach 1813 konnten einige Prinzipien der französischen Revolution in Preußen Eingang finden.
Die Verwaltung des Staates wurde modernisiert. Die Frei heit der Person, des Besitzes, der Berufswahl und die Rechtsgleichheit gingen ein her mit einer Heeresreform und der allgemeinen Wehrpflicht. Die Gewerbefreiheit und die Aufhebung der Zunftrechte sowie die Errichtung von Universitäten und technischen Hochschulen waren wesentliche Voraussetzungen für die Entwicklung Preußens und seines Heerwesens.
Auf dem Gebiet der Artillerie hatte Preußen schmerzhaft erfahren müssen, wie wichtig eigene leistungsfähige Gießereien zur Geschützherstellung waren. Hatte doch die französische Armee nach dem Einmarsch in Berlin (1806) als erstes die gerade in Betrieb genommene neue Geschützbohrmaschine aus dem Berliner Gießhaus demontieren lassen und Preußen somit seiner wichtigsten Geschützgießerei beraubt. Doch nicht nur die Gießereien lagen danieder, auch andere Fertigungsstätten wie die Gewehrfabrik in Potsdam/Spandau hatten durch die französische Besatzung Schaden genommen. Erst durch die weitgehenden politischen und ökonomischen Reformen sind in Preußen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Voraussetzungen für eine der modernsten und konkurrenzfähigsten Industrien geschaffen worden. Der Aufbau einer staatlichen Rüstungsindustrie trug sicherlich mit dazu bei, den Aufstieg des Landes in den Kreis der europäischen Großmächte zu schaffen. Ver stärkt wurde dieser Erfolg durch eine Vielzahl von privaten Unternehmern die jetzt die Gewerbefreiheit nutzten und für alle Bereiche der Zivilgesellschaft ihre Produkte anboten. Sie waren auch in der Lage, das von den staatlichen Rüstungsbetreiben aus technologischen Gründen nicht herzustellende Material dem Militärfiskus zulieferten. Das galt ganz besonders für die Spezialwerkzeuge und die Instrumente, wie Messgeräte und Leeren, die zur Produktion des Heeresbedarfes und der Revision (der Abnahme, Kontrolle) für Kanonen, Munition und Handwaffen aus den Königlichen Instituten und den privaten Unternehmen, notwendig waren.
Außerdem dürfen Sie in Ausgabe 480 erwarten:
- – Heeresmuseale Mitteilungen:
Sonderausstellung im Residenz-Schloss Detmold: „Fürst Leopold IV. zur Lippe“ - – Informationen aus der Gesellschaft und den Arbeitskreisen
- – Ingolf Fischer: Internationale Waffenbörse Kassel, Herbst 2020 –
Ein Tiefschlag für Heereskundler, Militaria- und Waffensammler - – Buchbesprechungen / Rezensionen