Ausgabe Nr. 481

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AUS DER REDAKTION

Wenn man sich mit Heereskunde beschäftigt, sollte man nicht vergessen, dass Geschichte immer von Menschen und durch Menschen gemacht wird. Uniformen wurden und werden von Menschen getragen, Waffen von Menschen gegen Menschen benutzt. Aus diesem Grund veröffentlichen wir hin und wieder Berichte über das Schicksal von Soldaten. In diesem Heft finden Sie die Geschichte eines deutschen Kriegsgefangenen, dessen Rückkehr in die Heimat aufgrund der Revolutions- und Bürgerkriegswirren in Russland länger gedauert hat, als in den meisten anderen Fällen. Eine kleine, persönliche Geschichte im Rahmen der großen Weltgeschichte.

Dass man Geschichte auch anders und mit einer gewissen Lautstärke vermitteln kann, zeigt die schwedische Heavy-Metal-Band Sabaton. Der größte Teil ihrer Lieder, die natürlich Geschmackssache sind, beschäftigen sich mit militärhistorischen Themen, vornehmlich zum Ersten oder Zweiten Weltkrieg. Wenn wie 2019 auf dem Wacken Open Air, einem der größten Heavy-Metal-Festivals der Welt und einem der größten Open-Air-Festivals Deutschlands vor mehreren 10.000 Zuhörern beispielsweise über „Fields of Verdun“ oder die „Bismarck“ gesungen wird, hat dies vielleicht mehr Resonanz als ein dickes Buch oder eine Ausstellung und kann auf einem anderen Weg animieren, sich mit diesem oder jenen Aspekt der Militärgeschichte intensiver zu beschäftigen. Den Weg zeigt die Band übrigens auf, indem auf ihrem Internetauftritt neben den Liedtexten jeweils auch der historische Hintergrund skizziert wird – man könnte es als ein niedrigschwelliges Angebot bezeichnen.

Natürlich gibt es im Internet noch viel mehr zu entdecken, schauen Sie doch mal in die Rubrik „Heereskundliches im Internet“.

Bleiben Sie neugierig, meinen

Ihr Werner Trolp und Ulrich Herr


Militärgeschichte

Bernd A. Windsheimer, Ortenburg:
Die „Preußenbeute“ auf Burg Forchtenstein –
Ein militärgeschichtliches Kleinod aus den drei Schlesischen Kriegen

Abb.: Raumeinblick auf Burg Forchtenstein mit Objekten der „Preußenbeute“.
[Esterhazy Privatstiftung; Foto: Andreas Hafenscher]
Abb.: Vier original lange oder kaum gekürzte Infanteriesäbel aus der Zeit von Friedrich Wilhelm I. mit „FWR“-Chiffre bzw. ergänzter „FR“-Klinge und Nummernbezeichnungen auf dem Knauf. Von links nach rechts: Z 1212, Z 1203, Z 1202, Z 1204, Z 1206. Esterhazy Privatstiftung, Burg Forchtenstein – Zeughaus- und Waffensammlungen [Esterhazy Privatstiftung; Foto: Manfred Horvath]

Burg Forchtenstein im österreichischen Burgenland gehörte seit Jahrhunderten der Familie Esterhazy und fungierte mit ihrem hochgradigen Wehrcharakter im 17. und 18. Jahrhundert als Zeughaus und Depot für Truppen des Hauses Esterhazy. In den Schlesischen Kriegen unter Maria Theresia wurden dort auch Beutewaffen und Ausrüstungsgegenstände aus siegreichen Gefechten und Schlachten im Konflikt mit Preußen eingelagert, welche den Regimentsinhabern zustanden. Dieses österreichische Beuterecht des 18. Jahrhunderts geht auf die Artikelbriefe des 17. Jahrhunderts zurück. In einem Dokument von 1672 wird expressis verbis dieses Beuterecht erwähnt.

Nachdem Friedrich II., genannt der Große, nach dem Tode Kaiser Karls VI. die österreichische Provinz Schlesien 1740 überfallen und besetzt hatte, stellte das Haus Esterhazy im Rahmen der ungarischen Insurrektionsarmee Maria Theresia drei Regimenter zur Verfügung:
– 1742 das Husarenregiment Fürst Paul II. Anton Esterhazy (1742 – 1762; HR Nr. 24)
– 1747 das Infanterieregiment Joseph Graf Esterhazy (1747 – 1762; IR Nr. 37)
– 1753 das Infanterieregiment Fürst Nikolaus I. Esterhazy (1753 – 1790; IR Nr. 33)

Sie kämpften im Zweiten Schlesischen Krieg (1744 – 1745) und im Siebenjährigen Krieg (1756 – 1763) mit unterschiedlichem Erfolg gegen die preußische Armee. Die dabei erbeuteten Waffen, Ausrüstungsgegenstände und Zelte wurden auf Burg Forchtenstein eingelagert und bilden heute einen Glanzpunkt der dortigen Ausstellung…


Jean Bellmann, Neustrelitz:
Karl Lange aus Feldberg/Mecklenburg –
Ein Kriegsgefangener im Ersten Weltkrieg

Abb.: Karl Lange mit dem russischen Bauern, auf dessen Hof er einen Teil seiner Kriegsgefangenschaft verbrachte, im Pferdeschlitten. Aufnahme von 1918.

Karl Lange wurde am 27. Dezember 1893 in Feldberg in Mecklenburg-Strelitz geboren. In diesem Flecken, d.h. einem Städtchen, dem noch kein Stadtrecht verliehen war, arbeitete sein Vater seit Jahren als Nachtwächter und Gemeindediener. Die Familie hatte sich stets diensteifrig und zuverlässig verhalten, sodass dem Vater 1912 und 1915 sowohl die bronzene bzw. auch die silberne Mecklenburg-Strelitzer Verdienstmedaille verliehen worden war. Karl Lange besuchte von 1902 bis 1906 die vierklassige Feldberger Ortsschule, trat dann in die II. Abteilung der ersten Klasse bzw. deren I. Abteilung über und verließ 1908 die Schule, um im Nachbarstädtchen Strelitz ab Ostern 1908 das Schlosserhandwerk zu lernen und die gewerbliche Fortbildungsschule zu besuchen. 1912 fertigte er ein Türschloss als Gesellenstück an, arbeitete bei seinem Lehrherrn ein halbes Jahr weiter, wechselte aber bis 1915 in guter alter Handwerkstradition mehrfach seine Arbeitsstelle. Diese Wanderschaft führte ihn noch einmal für ein halbes Jahr in seinen Heimatort, anschließend in eine Werkzeugmaschinenfabrik in Waren an der Müritz und in die Beven ser Maschinenfabrik. Dort wurde er am 6. August 1914 „ordnungsmäßig entlassen wegen Mobilmachung“. Allerdings wurde er nicht sofort einem Truppenteil zugeordnet, denn vom 21. Oktober 1914 bis zum 7. Juni 1915 arbeitete er in der Schweriner „Fokker-Aeroplan m. b. H.“, die sich laut Briefbogen dem Bau von Land- und Wasserflugzeugen sowie Gleitbooten verschrieben hatte. Nach dem Austritt aus dieser Firma begann der Militärdienst in der 3. Kompanie des Grenadier-Regiments Kronprinz Friedrich Wilhelm (1. Ostpreußisches) Nr. 1. Doch bereits vier Monate später endete Karl Langes Militäreinsatz bei den Gefechten am Styr, dem rechten Nebenfluss des Pripjat in Wolhynien (heute Ukraine).

Sein gesamtes Regiment war bereits um zwei Drittel auf ein Restbataillon geschrumpft, als dessen Chef am 28. Oktober meldete, dass die Truppe in Folge der Kämpfe völlig durcheinander geraten war, dass die Offiziere wegen Übermüdung ihren Aufgaben nicht mehr genügen konnten und dass Unteroffiziere fast völlig fehlten. Bei einem starken russischen Angriff am 9. November 1915 wurde das Restbataillon kurzzeitig eingeschlossen und musste sich unter hohen Verlusten den Rückweg durch russische Linien, aber auch durch das Abwehrfeuer der eigenen Artillerie erkämpfen. Erschwert wurde dieser Nahkampf dadurch, dass ein sumpfiger Bachlauf durchquert werden musste. Beträchtliche Teile der Mannschaft fielen oder gerieten in Gefangenschaft.

Unter ihnen war auch der verwundete Grenadier Karl Lange. Aus dem Kampfgebiet wurde er zunächst in die Neuen Baracken des Kriegsgefangenenlagers II in Tschita, der Hauptstadt der russischen Region Transbaikalien transportiert, wo er als Kriegsgefangener Nr. 2547 geführt wurde…


Ulrich Herr, Dresden:
Zwei Gruppenaufnahmen des württembergischen Militärs um 1865
(Teil 2)

Das Offizierkorps des württembergischen 4. Reiter-Regiments Königin Olga im Frühjahr 1866

Abb.: Das Offizierkorps des 4. Reiter-Regiments anlässlich der Übergabe des Kommandos von Graf v. Scheler an Oberst v. Gukelen im März 1866.
Fotocollage aus dem Atelier Carl Buchner, Stuttgart.
Das Foto wurde leicht im Kontrast bearbeitet, um Details besser sichtbar zu machen.
[Sammlung H]

Das vorliegende Foto mit Offizieren des 4. Reiter-Regiments Königin Olga ist unter anderem im Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart vorhanden und auf einer vom Land Baden-Württemberg initiierten Internetseite zur Landesgeschichte zu finden. Auch in diesem Fall wurde das Foto fälschlicherweise ins Lager von Urach verortet, was mit dem Hinweis auf die im 1. Teil dieses Beitrags genannten Argumente als widerlegt gelten darf. Da die dargestellten Offiziere aufgrund ihrer Uniformabzeichen dem 4. Reiter-Regiment mit der Garnison Ludwigsburg zugeordnet werden können, könnte der Hintergrund die weitere Umgebung Ludwigsburgs darstellen. Bei der Betrachtung des Bildes fällt die zentrale Personengruppe auf dem Hügel auf, zumal die Hauptperson in der Mitte sehr imposant erscheint.

Dieser Offizier ist auf dem Exemplar des Hauptstaatsarchivs Stuttgart identifiziert. Es handelt sich um Karl Friedrich Wilhelm Graf v. Scheler (1808 – 1887), der seit dem 5. Januar 1857 Oberst und Regimentskommandant war. Ein Vergleich mit einer Aufnahme von 1870/71 als Generalmajor und Kommandeur der württembergischen Reiterbrigade weist ihn als groß und kräftig gewachsen aus. Bei genauer Betrachtung ist erkennbar, dass sich auf dem Kragen seines Waffenrocks ein Stern als Dienstgradabzeichen eines Generalmajors befindet. Zu diesem Dienstgrad wurde Graf v. Scheler am 6. März 1866 befördert. Die Recherche in der Regimentsgeschichte des aus dem 4. Reiter-Regiment hervorgegangenen Dragoner-Regiments Nr. 25 ergab nicht nur die militärische Biografie des Grafen v. Scheler, sondern auch zwei Fototafeln mit den Regimentskommandeuren. Somit konnte der links neben dem Grafen stehende Offizier identifiziert werden…

Abb.: Kavalleriesäbel M 1817. Im 4. Reiter-Regiment wurde er bei den Unteroffizieren und Mannschaften erst nach dem Krieg von 1866 vollständig durch das 1859 verordnete neue Modell ersetzt. [Privatsammlung]

Uniformkunde

Wolfgang Friedrich, Dresden:
Die Uniformen der an der Schlacht bei Roßbach 1757 beteiligten französischen Infanterie-Regimenter – ein Versuch der Darstellung.
(Teil 2)

Abb.: Generalsuniformen nach dem Reglement vom 1. Februar 1744:
Generalleutnant, Maréchal de camp;
in der Mitte: die Sonne als Symbol für die Macht des Königs und das königliche Wappen [Farbtafel stammt vom Verfasser].

Dr. Klaus-Ulrich Keubke, Schwerin:
Die Leibgarde zu Pferde des Herzogtums Mecklenburg-Schwerin 1748 bis 1810
Ein uniformkundlicher Nachtrag

Abb.: Reiter im blauen Rock, der ab 1756/58 mit goldenen Tressen an den Knopflöchern verziert war.
[Landeshauptarchiv Schwerin Bestand 12.12-2/18 Militärwesen, Nr. 4129]

Im Bestand 2.12-2/18 Militärwesen des Landeshauptarchivs Schwerin findet sich ein „Pro Memoria über die Entwicklung der Uniform der Garde“ Mecklenburg-Schwerins vom 22. Dezember 1770. Genau ergänzt muss es heißen, dass ich es erst jetzt, etwa zwei Jahre nach dem Erscheinen meines Beitrages in unserer Zeitschrift Nr. 467 (Januar/März 2018), S. 5 – 18, entdeckt habe. Dazu sind in dieser Akte auch drei kolorierte Uniformzeichnungen jener Truppe überliefert. Das an Herzog Friedrich von Mecklenburg-Schwerin gerichtete Schreiben – vielleicht sogar die Zeichnungen – stammt von Oberstleutnant Bernhard Dietrich von Schuckmann, der am 9. Mai 1768 als Major Kommandeur dieser Leibgarde zu Pferde und am 20. Juni 1769 Oberstleutnant wurde. Am 27. April 1796 erfolgte seine Verabschiedung als Generalleutnant. Am 19. Mai 1800 ist er in Bützow gestorben. Nachfolgend sind das Schreiben und die Zeichnungen wiedergegeben.

„Unterthänigstes Pro Memoria.

Nach Maaßgabe der ergangenen Hoechsten Verordnungen die Mondirung der Garde betreffend, und was hienegst von den bey der Garde annoch befindlichen alten dienstleistenden Mannschaft in Erfahrung zu bringen geworden; So ist mit deren Mondierung verschiedene Veränderungen vorgegangen. Bey Errichtung der Garde im Jahr 1748 hat dessen Leibes-Mondirung in einen Collet, so mit Treßen besetzt, und in einen blauen Rock mit Paille-Unterkleider, bestanden. Die damahls angelegte blaue Mondirung aber ist von den Unter-Officier um den Huth, um die Carmoisin roten Aufschläge und Halskragen und um des Rock-Tasch. Klappen rundum her mit einer massiven geflammten Treße besetzt, und die Knöpfe sind verguldt gewesen, auf die Schulter hat er einen von Gold gewürckten Axelband gehabt. Diese blaue Leibes-Mondur soll exclusive des Collets, Stiefel und Lederzeüg 40 rt: 2 ½ sl: gekost haben. Des Reüters blaue Montirung in diesem Jahr ist aber nicht mit Treßen besetzt, und der Axelband mit etwas Gold melirt gewesen. Diese Reüter Mondirung soll, exclusive des erwehnten Collets, Stiefeln und alten Lederzeüg 25 rt. 33 sl. gekost haben.

Die 2te und 3te angelegte blaue Mondirung ist im Jahr 1756 und 1758 mit Beybehaltung der bereits erwehnten Collets geschehen. Diese blaue Mondirung sowohl für die Unter-Officiers als Reüter ist mit goldnen Treßen besetzt geworden, wie Solches aus beyliegenden Abriß mit mehreren ersichtlich ist. [siehe Abb.]…


Porträtfotos aus den Einigungskriegen (Teil 5)

Preußischer Jäger, aufgenommen während des Deutsch-Dänischen Krieges 1864

Abb.: Jäger vom preußischen Jäger-Bataillon Nr. 3 oder 7, aufgenommen von einem unbekannten Fotografen 1864
[Foto: Stadt- und Kreisarchiv Paderborn, S – M4, A17].

Viele interessante Fotos schlummern in öffentlichen Archiven und gelangen mitunter zufällig in den Fokus. So plante das Stadt- und Kreisarchiv Paderborn für 2020 eine Fotoausstellung über Paderborn als Garnisonstadt sowie ein Begleitbuch mit zahlreichen Abbildungen. Da das untenstehende Foto aus dem Bestand dieses Archivs bisher nicht identifiziert war, wurde eine Anfrage an unsere Gesellschaft gerichtet. Das Rechercheergebnis soll hiermit vorgestellt werden.

Zunächst galt es den abgebildeten Jäger, erkennbar am Tschako, zeitlich einzugrenzen. Die weiße Armbinde zusammen mit den am Tschako nach österreichischem Vorbild befestigten Tannenzweigen ordnet ihn dem Deutsch-Dänischen Krieg zu. Dieser dauerte vom 1. Februar 1864 bis zum 30. Oktober 1864 und war der zweite militärische Konflikt um die Herzogtümer Schleswig und Holstein. Preußen war mit Österreich verbündet, auf der anderen Seite stand Dänemark. Dieser Krieg gilt als der erste der insgesamt drei Einigungskriege. Von den 1864 bestehenden acht preußischen Linien-Jägerbataillonen wurden lediglich das Brandenburgische Jäger-Bataillon Nr. 3 (Garnison: Lübben) und das Westfälische Jäger-Bataillon Nr. 7 (Garnison: Cleve) mobilgemacht und zogen in den Krieg.

Der Tschako ist noch das 1854 eingeführte hohe Modell mit Schuppenketten, welches eigentlich ab 1860 durch ein niedrigeres und mit ledernem Kinnriemen versehenes Modell ersetzt werden sollte. Über die Agraffe ist das 1860 befohlene Band mit der Inschrift „Mit Gott für König und Vaterland“ gelegt. Da sowohl das Jäger-Bataillon Nr. 3 als auch das Bataillon Nr. 7 denselben Zierrat am Tschako trugen, lässt sich der Jäger keinem der beiden Bataillone zuordnen. Bemerkenswerterweise wurde der Dachs, der Tornister der Jäger, gut sichtbar drapiert…


Ulrich Schiers, Detmold:
Leopold IV. zur Lippe – Ein Fürst mit fünf Uniformen

Abb.: Fürst Leopold IV. und Erbprinz Ernst in der Hausuniform, anlässlich des 10. Geburtstages des Erbprinzen am 12. Juni 1912
[Privatbesitz].

Leopold, Graf u. Edler Herr zur Lippe-Biesterfeld, machte 1891 auf dem Königlichen Pädagogium zu Putbus (auf der Insel Rügen) sein Abitur und ging anschließend als Seconde-Lieutenant im 1. Garde-Ulanen-Regiment zum Militär. Am 17. April 1892 erhielt er, nach entsprechender Prüfung, von der Ober-Militär-Examinations-Kommission in Berlin das Zeugnis der Reife zum Offizier. Bis zum 1. Mai 1895 diente er dann in Potsdam als aktiver Offizier im 1. Garde-Ulanen-Regiment. Da er mit dem Studium der Staatswissenschaften beginnen wollte, ließ er sich als Seconde-Lieutenant à la suite der Armee stellen, mit der Berechtigung weiterhin die Uniform des 1. Garde-Ulanen-Regiments zu tragen. Sein Studium machte Graf Leopold an den Universitäten in Bonn und Berlin, in Bonn wurde er Mitglied im Corps Borussia und bekam am 31. Juli 1895 die Corpsschleife verliehen. Sein Vater, Ernst zur Lippe-Biesterfeld, welcher ab 1897 die Regentschaft des Fürstentums Lippe für den geistesgestörten Fürst Alexander übernommen hatte, erkrankte an Lähmung. Da zudem der Erbfolgestreit seine Anwesenheit erforderlich machte, kehrte Graf Leopold 1895 nach Detmold zurück. Am 14. September 1900 erhielt er vom Kriegsministerium in Berlin das Patent zum Oberleutnant der Kavallerie, á la suite der Armee. Ende September 1904 übernahm er nach dem Tod seines Vaters die Regentschaft des Fürstentums. Nachdem durch eine Entscheidung des Reichsgerichts vom 25. Oktober 1905 das Erbfolgerecht des Hauses Biesterfeld endgültig anerkannt wurde, erklärte er noch am gleichen Tag die Regentschaft als beendigt und übernahm als Fürst Leopold IV. die Regierung des Fürstentums. Anlässlich der Übernahme der Herrschaft erhielt er am 9. November 1905 von Kaiser Wilhelm II. von Preußen die Beförderung vom Oberleutnant zum Oberstleutnant á la suite der Armee. Zudem durfte er auch weiterhin die Uniform des 1. Garde-Ulanen-Regiments tragen…


Ausrüstung – Kavallerie

Wolfgang Klepzig, Lünen:
Die Reitausrüstung der Kavallerie-Offiziere im deutschen Reichsheer mit Stand 1914
(Teil 3)

Abb.: Vorderzeug für die Offiziere des 1. Leib-Husaren-Regiments Nr. 1, 2. Leib-Husaren-Regiments Nr. 2 und des Husaren-Regiments Nr. 3. Die aufwändige Verzierung mit Kaurimuscheln, die alle einzeln aufgenäht sind, machte es mit einem Preis von 20,50 Mark zum teuersten Vorderzeug im Angebot des Deutschen Offiziervereins.

Das Vorderzeug

„Vorderzeug aus braunem Leder. Die drei Riemen gehen von einer kreisförmigen Lederscheibe […] aus, die mit einem versilberten Buckel belegt ist. Die Brustriemen in ihrem oberen Teil (in der Gegend des Widerristes) durch versilberte Ringe und ein ledernes Genickstück verbunden; an diesen Ringen Seitenriemen mit Schnallvorrichtung zur Befestigung am Sattel. Auf jeder Seite ist das Bruststück mit einer versilberten Doppelschnalle versehen. Der Unterriemen endigt in einer Schnallschlaufe, die über den Sattelgurt gezogen wird.“

In der preußischen Armee einschließlich der darin integrierten Kontingente sowie in Bayern und Württemberg war die Gestaltung des Vorderzeugs für alle Kavallerie-Offiziere identisch, lediglich für einige Husarenregimenter sowie für Sachsen galten Abweichungen.

Die Ausnahmen bei der Gestaltung das Vorderzeug der meisten Husarenregimenter resultierte zum einen daraus, dass die Farbe der Metallbeschläge zur Schnurfarbe am Atilla und das Vorderzeug optisch zum Zaumzeug passen sollte. So verwendeten die preußischen Husarenregimenter Nr. 5, 11, 12, 13, 14, 15 und 16 mit weißer Schnurfarbe am Attila am Vorderzeug versilberte Beschläge, das Leib-Garde-Husaren-Regiment sowie für Regimenter Nr. 4, 6, 7, 9 und 10 dagegen entsprechend der Schnurfarbe vergoldete. Die Husarenregimenter Nr. 1 bis 3 mussten identisches Vorderzeug mit versilbertem Beschlag verwenden, das außerdem mit Kaurimuscheln besetzt war. Für das Braunschweigische Husaren-Regiment Nr. 17 galten folgende Besonderheiten: Kreuzkettenbuckel war ein vergoldeter Buckel, auf der Vorderzeugscheibe befand sich eine vergoldetet Sonne. Ein identisch beschriebenes Vorderzeug war auch den Offizieren des Husaren-Regiments Nr. 10 vorgeschrieben.

Das Vorderzeug für die Offiziere der Husaren-Regimenter 1 bis 3 hatte, wie bereits erwähnt, versilberten Beschlag und war mit zwei Reihen Kaurimuscheln (die eigentlich eine Schneckenart sind) besetzt. Der Sprungriemen war 1 m lang, 25 mm breit unten zum selbstschnallen. Die Lederscheibe maß im Durchmesser 55 mm und war mit neun Muscheln besetzt. Der Sprungriemen von der Mitte an 38 cm lang, doubliert und mit zwei Reihen zu je 20 Muscheln verziert. Bei den Zäumungen und Vorderzeugen, die mit Kaurimuscheln besetzt waren, wurde von der Körperseite eine zweite Leder- schicht aufgenäht, da sonst die Befestigungsnähte der Kaurimuscheln hätten durchscheuern können….


Arne Schöfert, Wolfsburg:
Die Lanzenreiter der Kameruner Schutztruppe

Abb.: Berittene der Schutztruppe Kamerun 1902 [Aus: Dominik: Vom Atlantik zum Tschadsee].

Es gibt immer wieder Details zur militärischen Ausrüstung oder Uniformierung, speziell von kleinen Truppen teilen, die in Standardwerken oft vernachlässigt oder sogar bewusst ausgelassen werden. Manchmal liegt das daran, dass kaum etwas bekannt ist und sich ein Autor scheut, Fragmente zu publizieren, die dann oft mehr Fragen als Antworten liefern. Hier soll diesmal genau das geschehen.

Es geht um die berittene kaiserliche Schutztruppe in Kamerun, die zumindest zeitweise und regional mit Lanzen ausgerüstet war. Eine kurze Episode der kolonialen Militärgeschichte, die einige Spuren hinterlassen hat und immer wieder Fragen aufwirft. Trotzdem gab es – soweit nach jahrelanger Recherche feststellbar – in den letzten 120 Jahren nur einen kurzen Aufsatz von einem Zinnfigurenfreund dazu. Damit Interessierte aus kommenden Generationen nicht immer wieder bei Null anfangen müssen, soll hier der aktuelle Wissensstand um die bekannten Puzzlestücke dargestellt werden. Es werden Fakten und Vermutungen genannt sowie falsche Gerüchte entkräftet.

Die Ansichtskarte mit einem Bild des Malers Erich R. Döbrich-Steglitz aus den 1930er Jahren hat so manchen neugierig gemacht. Was hatte es mit diesen auffallenden Reitern auf sich?…


Blankwaffen

Jens Wiesberger, Magdeburg:
Porträtfoto des preußischen Fähnrichs Richard von Wasserschleben vom Magdeburgischen Pionier-Bataillon Nr. 4,
ausgerüstet mit Pionier-Faschinenmesser M./55

Der auf dem Foto abgebildete Fähnrich Richard von Wasserschleben ist in der Bataillonsgeschichte des Magdeburgischen Pionier-Bataillons Nr. 4 sowie in den Unterlagen des Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz nachweisbar. Durch seine spätere Karriere als Gendarmeriekommandeur im Fürstentum Lippe ist sein Lebenslauf ausführlich überliefert…

Abb.: Foto des Fähnrichs Richard von Wasserschleben in der Uniform des Magdeburgischen Pionier-Bataillons Nr. 4, ausgerüstet mit Pionier-Faschinenmesser M./55. Rückseitig finden sich die Angabe des Foto-Atelier von Lutze & Witte in Magdeburg sowie handschriftlich der Name des abgebildeten Fähnrichs. [Sammlung Jens Wiesberger]


Frank-D. Rex, Wertheim:
Die wieder aufgetauchten preußischen Kürassierdegen

Abb.: Gesamtansicht des Degens, Terzseite.

„Wir schreiben das Jahr 1891, als Mårten Österlund an einem klaren Morgen sein Boot aus dem südschwedischen Städtchen Mälarhusen Richtung der gefährlichen Sandbänke bei Sandhammaren steuerte. In den Tagen davor hatten schwere Stürme aus nordöstlicher Richtung eine Ausfahrt unmöglich gemacht, heute bläst der Wind gleichmäßig aus Osten. Mårten war auf einen besonderen Fang aus. Er wusste, daß die Stürme der letzten Tage große Rinnen in den Treibsand vor Sandhammaren geschnitten hatten und der nun vorherrschende Ostwind den aufgewirbelten Sand und Dreck mit einem Sog weg schwemmen würde. Das Wasser über den Sandbänken würde heute wieder so kristallklar sein wie an jenem von ihm unvergessenen Tag des Jahres 1870. Damals hatte er zufällig an der Stelle, die seit vielen Generationen als Grab des Mitte des 18. Jahrhunderts dort gesunkenen, deutschen Kriegsschiffes bekannt war, auf dem Grund des Meeres, eine große Menge Degen entdeckt. Einige davon hatte er seinerzeit heraufholen kön nen. Vor drei Jahren, bei gleicher Wetterlage, hatte er diesen Erfolg wiederholen können. Mårten hatte sich nicht geirrt, heute bekam er an der besagten Stelle einen großen Schiffsrumpf zu Gesicht, der auf dem Grund freigelegt worden und der mit Degen übersät war. Nicht weniger als 80 Waffen, die meisten in einem sehr guten Zustand, hatte er in seinem Boot liegen, als er später nach Hause ruderte. Einige Fassdauben, auf denen eine Jahreszahl eingebrannt war, vervollständigten seinen Fang.“

Die hier geschilderten Begebenheiten sind die erzählerische Zusammenfassung einer Geschichte des schwedischen Heimatforschers Frans Löfström aus seinem Buch „Kring Sandhammaren“. Er berichtet darüber in dem Kapitel „Der große Schiffsfriedhof“. Der Rest der Geschichte ist schnell erzählt. Mårten Österlund war ein ehrlicher Fischer und lieferte seinen Fund beim Zoll von Ystad ab. In einer öffentlichen Auktion wurden die Waffen dort für 800 Kronen versteigert. Die genaue Jahreszahl auf den Fassdauben konnte Löfström nicht nennen, aber „es war irgendetwas mit 1740“ wie er schreibt. Sein Bericht schließt mit der Feststellung, dass „seit diesem Tag nie wieder jemand auch nur den Schatten des Kriegsschiffs oder auch nur einen Degen gesehen hat, egal wie oft man nach entsprechenden Stürmen am Fundort war und gesucht hatte.“


Abb.: [Privatsammlung]

Das besondere Objekt

Peter Meihs, Neumünster:
Eine geschnitzte Gebirgsjägerfigur

Die handgeschnitzte Figur eines deutschen Gebirgsjägers der Wehrmacht weist eine Höhe von imposanten 60 cm auf und ist mit „D. Neu“ signiert. Wahrscheinlich wurde sie von einem sogenannten Herrgottschnitzer angefertigt, einen Holzbildschnitzer aus dem Alpenraum, der sich vorwiegend Holzarbeiten mit christlich-religiösen Motiven widmet. Gebirgsjägerfiguren aus Holz waren ein beliebtes Erinnerungsgeschenk und finden sich heute gelegentlich im Antiquitätenhandel. Sie werden noch immer auf Nachfrage von einigen Herrgottschnitzern gefertigt.

Insgesamt stellte die Wehrmacht über elf Gebirgs-Divisionen auf, ihr Kennzeichen war die typische Mütze und das am rechten Oberarm erkennbare Abzeichen mit dem Edelweiß. Ausgerüstet ist der dargestellte Gebirgsjäger mit dem für den Einsatz im Hochgebirge wichtigen Eispickel sowie einem über die Schulter geschlungenen Seil. Auf dem Rücken trägt er den Karabiner 98k…


Darstellungsgruppen

Sandra Bajohr, Woltersdorf:
Der Deutsche Kavallerieverband e.V.

Abb.: Formation bayerischer Ulanen des DKV.

Der Deutsche Kavallerieverband e.V. (DKV) ist ein Verein, der sich dem kavalleristischen Reiten in Deutschland verschrieben hat und 2011 gegründet wurde. Der DKV möchte veranschaulichen, dass die heutige Dressur- und Springausbildung von Pferden auf den Reitvorschriften der deutschen Kavallerie beruht und eine entsprechende gründliche Ausbildung die Erhaltung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Pferde fördert. Auf keine Epoche festgelegt, deckt der DKV die Kavallerie ab dem 15. Jahrhundert bis zum Ersten Weltkrieg ab. Wer an der historischen Darstellung zu Pferd, der damit verbundenen vielseitigen Ausbildung gemäß der Reitvorschrift zur Ausbildung von Pferd und Reiter für die preußischen Kavallerieregimenter (D.V.E. Nr. 12) sowie an der dazugehörigen Bekleidung, Ausrüstung und Bewaffnung interessiert ist, ist im DKV genau richtig.

Für diejenigen, die sich nicht auf ein Pferd setzen möchten, bietet sich in diesem Jahr folgende Gelegenheit zum Zuschauen an:

10. – 12. September 2021
VI. INTERNATIONALE DEUTSCHE MEISTERSCHAFTEN DER KAVALLERIE
Crawinkel/ Thüringen

An diesem Wochenende bekommen Sie einen umfangreichen Überblick über die militärische Verwendung der Pferde in der Blütezeit der Kavallerie. Es werden Dressurprüfungen, Jagdspringen, Abteilungsreiten, Waffen- übungen mit Lanze/Degen/Säbel/Karabiner 98 absolviert. Außerdem finden ein Patrouillenritt, ein Gelände ritt über Hindernisse und ein Tentpegging-Wettbewerb statt. Das Ziel bei dieser in einigen Commonwealth-Staaten populären Reitsportart ist es, vom Pferderücken aus mittels einer Lanze einen im Boden steckenden Holzpflock („peg“) aufzuspießen.

Informationen finden Sie unter: www.kavallerieverband.de


Außerdem dürfen Sie in Ausgabe 481 erwarten:

  • – Das besondere Bild: Trompeter des sächsischen Garde-Reiter-Regiments
  • – Heereskundliches im Internet: Digitalisierte deutsche Beuteakten
  • – Aus Nachbarpublikationen:
    Orden und Ehrenzeichen. Das Magazin für Freunde der Phaleristik,
    herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Ordenskunde
  • – Informationen aus der Gesellschaft und den Arbeitskreisen
  • – Buchbesprechungen / Rezensionen