Ausgabe Nr. 482

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AUS DER REDAKTION

Die Bedeutung des Verpflegungswesens für Leistungsfähigkeit und Gesundheit der Truppe wurde bisher in unserer Heereskunde nur in einem grundsätzlichen Aufsatz dargestellt. Der Aufsatz über die Kaffeemühle soll zu weiteren Recherchen auf diesem Gebiet anregen und zeigen, dass hier wie in anderen Bereichen des soldatischen Alltags noch Interessantes zu entdecken und zu beschreiben ist. Dies gilt auch für die Beschreibung des Radioempfangs in NVA-Kasernen. Zum militärischen Leben gehörte lange Zeit auch der Gesang. Einige unserer Leser werden sich wohl daran erinnern, u.a. an das Lied „… Erika …“. Der Aufsatz über Herms Niel stellt den Komponisten dieser früher so erfolgreichen Musikstücke mit seinem Aufstieg vom Militärmusiker bis zum NS-Propagandisten und sein Leben danach dar.

Zum militärischen Brauchtum gehören auch die Reservistika. Es würde den Rahmen und die Zielsetzung unserer Zeitschrift sprengen, sich mit diesem Themenbereich ausführlich zu befassen. Bestimmte Gebräuche und Erinnerungsstücke gehörten jedoch zur Gestaltung der letzten Tage einer aktiven Wehrdienstzeit. Beiträge über die sogenannten „Reservisten“ der Bundeswehr und die „Entlassungskandidaten (EK)“ der NVA können dies vor dem Vergessen zu bewahren.

Neben dem „Alltäglichen“ bieten die Aufsätze über die Blankwaffen des Herzogtums Braunschweig und die schwarz-rot-goldenen Kokarden spezielle Informationen mit zum Teil prächtigen Abbildungen. Das Bild von der Wache auf dem Petersberg in Erfurt von Oktober 1919 zeigt bei näherer Betrachtung einige Besonderheiten der Uniform in der Übergangszeit vom Friedensheer zur Reichswehr.

Über unmittelbares Marine-Interesse hinaus gehen die Erläuterungen zum Großadmiralstitel, der Alfred v. Tirpitz verliehen wurde, und der Besuch des Friedhofs von Havanna mit noch heute erhaltenen Gräbern der Gefallenen der SMS Meteor von 1870.

Wir wünschen unseren Lesern ein wirklich gutes neues Jahr 2022 und hoffen auf zahlreiche Einsendungen von Aufsätzen oder Anregungen.

Ihr Ulrich Herr und Werner Trolp


Militärgeschichte

Gerd Stolz, Kiel:
Das Bundeskontingent des Herzogtums Holstein 1815 – 1864
Zwischen Dänisch und Deutsch

(Teil 1)

Abb.: Hauptmann (Capitain) des Holsteinischen Infanterie-Regiments (Holstenske Infanteriregiment) ca. 1835 des Bundeskontingentes des Herzogtums Holstein.
[Aus Christian Volmar Bruun, Danske Uniformer, 3 Bde, Kjøbenhavn 1837/45, Reprint 1967/68. Mit freundlicher Genehmigung der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek, Landesgeschichtliche Sammlung, Kiel.]

Vorbemerkung

Das Bundeskontingent des Herzogtums Holstein war ein aus dem kollektiven Sicherheitsbedürfnis des Deutschen Bundes mit dessen Gründung formell fest umrissener, mehrere Waffengattungen umfassender und bereits in Friedenszeiten bestehender militärischer Heeresanteil. Er war in Größe, Zusammensetzung und Ausstattung hinsichtlich Personal, Ausrüstung (Material) und Bewaffnung festgelegt, unterstand vertragsmäßig der Kontrolle des Deutschen Bundes, war bis 1863 friedensmäßig integrierter Bestandteil der dänischen Armee und zugleich vorbestimmter Anteil des deutschen Bundesheeres. Der dänische König als Herzog von Holstein und Lauenburg erfüllte mit dem Bundeskontingent des Herzogtums Holstein anteilig seine übernommenen Verpflichtungen als deutscher Bundesfürst für den militärischen Bereich des Deutschen Bundes wie im Übrigen auch die anderen Bundesmitglieder. Das Bundeskontingent des Herzogtums Holstein war insofern auch als organisatorischer Teil der dänischen Armee den (wehr-)politischen Vorgaben der deutschen Bundesorgane unterworfen; es ist in den 50 Jahren seiner Existenz nie zum Einsatz gekommen. Der Zwiespalt dieser gleichzeitigen Integration in zwei gleichartige Organisationen mit gleichartigen Strukturen ist häufig nicht erkannt oder übersehen worden, in dem erst später überwundenen Streit zweier Nationalitäten wurde er vielfach nicht wahrgenommen.

Für das Bundeskontingent gibt es sowohl in den Dokumenten des Deutschen Bundes/der Bundesversammlung als auch in der Literatur verschiedene Bezeichnungen wie z.B. Bundeskontingent Holstein, Bundeskontingent des Herzogtums Holstein, Bundeskontingent der Herzogtümer Holstein und Lauenburg, Bundeskontingent Herzogtum Holstein(-Lauenburg), Herzoglich Holsteinisches Kontingent, Holstein-Lauenburgisches Bundeskontingent, Kontingent von Holstein(-Lauenburg). Eine seitens des Deutschen Bundes bzw. der Bundesversammlung offiziell festgelegte Bezeichnung hat es nicht gegeben. Daher wird in diesem Beitrag einheitlich die Bezeichnung Bundeskontingent des Herzogtums Holstein verwendet.

Entstehung des Deutschen Bundes

Das Zustandekommen, die Ausformung und Gestaltung des Deutschen Bundes sind ein sich über mehrere Jahre erstreckender und mit unterschiedlicher Intensität verfassungsrechtlich wie politisch wahrgenommener Komplex von europäischer Bandbreite. Der Deutsche Bund war das nach nahezu acht Monaten schwieriger Verhandlungen erzielte Ergebnis des im Pariser Frieden vom 30. Mai 1814 vereinbarten, in der Zeitvom 18. September 1814 bis 9. Juni 1815 andauernden und von zahlreichen internen Spannungen gekennzeichneten Wiener Kongresses…


Marinegeschichte

Rolf Noeske, Meckenheim:
Alfred von Tirpitz mit Rang und Titel eines Großadmirals

Abb.: Großadmiral von Tirpitz mit Hut und Galarock; auf dem Achselgeflecht die vier Rangsterne.

Über Alfred von Tirpitz wurde in der Literatur viel geschrieben und manches falsch dargestellt. Heute ist er nahezu in Vergessenheit geraten. Tirpitz wurde in seiner Zeit vielfach hochgeehrt und dekoriert und von seinen Gegnern erbittert bekämpft. Mit falschen, nicht haltbaren Anwürfen wurde er endgültig vom Sockel gestürzt, in Berlin die Straße „Tirpitz-Ufer“ in „Reichpietschufer“ umbenannt.

In diesem Artikel geht es nicht um Tirpitz Lebenslauf und die Flottengesetze des Deutschen Kaiserreiches, sondern lediglich darum, die Hintergründe seiner „Beförderung“, genauer gesagt der „Verleihung der Würde“ eines Großadmirals mit Rang und Titel, einem einmaligen Vorgang in der Geschichte der Kaiserlich Deutschen Marine, aufzuzeigen.

Oberkommando der Marine und Reichs-Marine-Amt

Am 30. März 1889 schrieb Wilhelm II. an den Reichskanzler:

„1. Das Oberkommando der Marine wird vom 1. April d.J. von der Verwaltung derselben getrennt und von dem von Mir ernannten Kommandierenden Admiral nach Meinen Anordnungen geführt …

 

2. Die Verwaltung der Marine wird unter der Verantwortlichkeit des Reichskanzlers von dem Staatssekretär des Reichs-Marine-Amtes mit den Befugnissen einer obersten Reichsbehörde geführt.“

Damit zerschlug der Kaiser die bisher in der Hand des Chefs der Admiralität vereinigte oberste Kommando- und Verwaltungsbehörde der Marine. Gleichzeitig schuf er mittels AKO vom 28. März 1889 für die Regelung der Personalangelegenheiten der Offiziere in der Marine analog zum Militärkabinett das Marinekabinett (MVBl. 1889, S. 51). Mit AKO vom 20. Januar 1892 (Mil WBl. 1892, S. 229) wurde Alfred Tirpitz zum Chef des Stabes des Oberkommandos der Marine ernannt…


Gerd-Michael Dürre, Berlin:
Ein Marinegrabstein auf dem Friedhof von Havanna
Ergänzung zu „Der deutsch-französische Krieg zur See, Anno 1870/71“ (ZfH Nr. 480, S. 75.)

Während eines Kuba-Urlaubes 2003 nahm ich an einer privat organisierten Tagesfahrt nach Havanna teil.

Gegen meinen Wunsch, das Grab der deutschen Matrosen, die 1870 vor Havanna gefallen waren, auf dem Hauptfriedhof von Havanna zu besuchen, hatten die anderen fünf Teilnehmer keine Einwände…

Abb.: Grabinschrift

Blankwaffen

Gerhard Große Löscher, Göttingen:
Blankwaffen des Herzogtums Braunschweig- Wolfenbüttel.
Braunschweigische Offiziers-Blankwaffen des 19. Jahrhunderts
unter Berücksichtigung einiger besonderer Ausführungen und mit einem Exkurs zum Säbel der Flügeladjutanten.

(Teil 1)

In diesem Aufsatz wird auf die Angabe von Abmessungen verzichtet, die äußere Erscheinungsform steht im Vordergrund; etliche Varianten, vor allem der Klingenätzungen, können nicht im Bild gezeigt werden.

Abb.: Braunschweigischer Säbel mit orientalischem Gefäß.
Lins: Klinge mit dem Totenkopf,
rechts: Klinge mit dem Ross unter Fürstenkrone.
Abb.: Braunschweigischer IOD um 1825.
Man beachte die imitierte Griffwicklung und den Knaufzierat.

Die Zeitangabe der Überschrift umfasst – abgesehen von der nur kurzen Regierungszeit Herzog Friedrich Wilhelms – noch drei politische Epochen: die vormundschaftliche (britische) Regierung für den jugendlichen Prinzen Karl, seine kurze Regierungszeit als Herzog Karl II., die ‚blankwaffenmäßig‘ ohne Modellwechsel in die Regierungszeit Herzog Wilhelms übergeht und sich später nur beim Infanterie-Offiziersdegen weiterentwickelt. In der Regentenära wird 1909 der besondere Säbel der Flügeladjutanten wieder eingeführt. Die Grundlagen der braunschweigischen Blankwaffenmodelle im 19. Jahrhundert wurden in der Zeit der Königlich Deutschen Legion und der britischen Vormundschaftsregierung vornehmlich in den 1820er Jahren gelegt. Nach einem Modellwechsel beim Infanterie-Offizier-Degen (IOD) bleibt ihre Grundform bis zur Auflösung der den braunschweigischen Landen entstammen den preußischen Regimentern (IR 92, Hus. 17) gleich.

Braunschweigische Mannschaftsmodelle werden in einem zweiten Teil vorgestellt…


Uniformkunde/Fahnen

Ulrich Schiers, Detmold:
„Schwarz-roth-goldne Cocarden“ – Die Farben der Revolution?

Abb.: Damen-Hut, um 1850. [Privatbesitz]

Die schwarze Uniform des Lützower Freikorps mit roten Vorstößen und gelben Knöpfen war das farbliche Vorbild für die Mütze der Angehörigen der 1815 gegründeten Jenaer Urburschenschaft. Die meisten Gründungsmitglieder hatten während der Befreiungskriege von 1813 bis 1815 in diesem Freikorps gekämpft. Als gemeinsames Erkennungszeichen der Burschenschafter diente zu dem eine schwarz-rote, golden durchzogene Schärpe.

Am 31. März 1816 überreichten die Frauen und Töchter der Jenaer Bürger den Studenten ein rechteckiges rot-schwarz-rotes Fahnentuch in gleichbreiten Streifen, mit einem goldenen Eichenzweig auf dem schwarzen Mittelteil. Dies waren die Grundsteine für die schwarz-rot-goldenen Farben und die gleichmäßige Dreistreifigkeit.

Auf dem Hambacher Fest, welches vom 27. Mai bis zum 1. Juni 1832 stattfand, führten zahlreiche Teilnehmer als Symbol des Strebens nach Einheit und Demokratie erstmals Fahnen, Kokarden und Schärpen in Schwarz- Rot-Gold. Da es bei dieser Veranstaltung aber zu zahlreichen aufrührerischen Reden gegen die Obrigkeit kam, wurden in den folgenden Wochen zahlreiche Personen, insbesondere die Redner, verfolgt. Viele kamen in Haft, einige verurteilte man sogar zum Tode. Allerdings wurde keines dieser Todesurteile vollzogen.

Abb.: Großherzogtum Baden, Helm für Offiziere der Dragoner, um 1849.
Auffallend ist, dass an der Bundeskokarde die Farben nicht wie üblich angeordnet sind, sondern schwarz-gold-rot. Dies ist aber kein Einzelfall; In der Zeitschrift Nr. 467 Januar / März 2018 stellte Michael Feik (†) einen badischen Infanterie-Helm für Mannschaften vor, welcher an den zusammenhängenden Kokarden ebenfalls die Bundeskokarde mit dem roten Rand zeigt. An den Helmen aus dem WGM in Rastatt, mit den verbundenen Kokarden, ist das Rot an der Bundeskokarde ebenfalls außen angebracht. [Privatbesitz]

Der Bundestag in Frankfurt reagierte mit drastischen „Maßregeln zur Aufrechterhaltung der gesetzlichen Ruhe und Ordnung“. Zudem wurde die Pressezensur verschärft und politische Vereine und Volksfeste verboten. Wer weiterhin eine schwarz-rot-goldene Fahne benutzte, dem drohte Gefängnis. Daraufhin verbreitete sich in den vierziger Jahren in der Bevölkerung eine immer stärker werdende soziale und politische Unzufriedenheit.

Um 1847 setzte eine allgemeine Wirtschaftskrise ein, mehrjährige Missernten verschärften die Spannungen, die Preise für einige Lebensmittel waren innerhalb der letzten Jahre um 350 Prozent angestiegen. Der technische Fortschritt, verbunden mit der Gründung des Zollvereins, förderte zudem die Entstehung von Großbetrieben; damit einhergehend den teilweisen Niedergang des Handwerks. Durch die französische Februarrevolution im Jahre 1848, verbunden mit der Entmachtung des Königs Louis Philippe I., wurde die zweite Französische Republik ausgerufen. Daraufhin breitete sich die revolutionäre Bewegung gegen die Obrigkeit wie ein Lauffeuer rasch über fast ganz Europa aus. Nahezu gleichzeitig erschien in London das von Marx und Engels verfasste „Manifest der Kommunistischen Partei“, welches sich schnell in den Köpfen der Arbeiter und Handwerker festsetzte. Die in den Jahren zuvor entwickelte Telegraphie verbreitete die Kunde der aktuellen Vorgänge in Windeseile. Überall forderten liberale Bürger die Pressefreiheit und Schwurgerichte nach englischem Vorbild; sowie Bürgerwehren und frei gewählte Parlamente. In Baden rief der Führer der radikalen Partei, Friedrich Hecker, Studenten und Bürger auf, zu den Waffen, um die „Deutsche Republik“ zu gründen. Meuternde Truppen plünderten Magazine und verbündeten sich teilweise mit den Aufständischen. In nur wenigen Tagen formierte sich eine, in der deutschen Geschichte bis dahin beispiellose politische Bewegung.

Allenthalben flatterten jetzt wieder schwarz-rot-goldene Fahnen…


Artilleriewesen

Hans Lipp, Starnberg:
Zur Einführung der s.F.H. 13 und 10 cm K. 14 im deutschen Heer

Die schwere Feldhaubitze 13 (s.F.H. 13) wurde Anfang 1913 für das deutsche Heer angenommen. Sie hatte gegenüber dem Vorgängermodell, der s.F.H. 02, eine um etwa 1 km höhere Schussweite (ca. 8,4 gegenüber 7,4 km) und einen Schutzschild, diesen Vorteilen stand als Nachteil ein um etwa 100 kg höheres Gewicht gegenüber. Mit der Produktion der s.F.H.13 wurde naturgemäß erst nach ihrer Annahme begonnen. Aufgrund der komplizierten technischen Vorgänge bei der Fertigung dauerte damals die Herstellung der Rohre für schwere Geschütze etwa ein Jahr. Infolgedessen war mit einem Zulauf der s.F.H.13 frühestens ab Sommer 1914 zu rechnen und die offizielle Einführung vermutlich erst ab Ok tober 1914 (also ab Etatsjahr 1914) für einzelne Fußartillerie-Regimenter geplant. Mithin war bei Kriegsbeginn die s.F.H.13 noch nicht bei der Truppe in Gebrauch, nicht einmal beim Lehr-Regiment der Fußartillerie-Schießschule oder beim Garde-Fußartillerie-Regiment. Die Truppe rückte also noch mit dem Vorgängermodell, der s.F.H. 02, Reserveeinheiten teilweise sogar noch mit der schweren Feldhaubitze von 1893 (ohne Rohrrücklauf) ins Feld.

Abb.: Schwere Feldhaubitze 13, Ansicht von vorne.
Deutlich sichtbar der Schutzschild und der Rohrbremszylinder, der länger ist als das Rohr. Das Rad links unten dient zum Anziehen der Bremsen.
[Sammlung Andreas Bauer]

Wann nun die ersten s.F.H. 13 bei der Feldtruppe auftauchten, lässt sich heute nicht mehr ganz einfach feststellen, da bei der Fußartillerie Regimentsgeschichten rar gesät sind und die Primärquellen – die Kriegstagebücher im preußischen Kriegsarchiv – sofern sie noch noch in Russland vorhanden sein sollten – nach wie vor nicht zugänglich sind. Es wird berichtet, dass bereits im August 1914 das dem XVII. Armeekorps unterstellte I./FußArtRgt 11 mit s.F.H. 13 ausgerüstet gewesen sei und sein Feuer in einem Gefecht südlich des Ortes Lautern russische Angriffe hätte scheitern lassen…


Militärmusik

Dr. Thomas Freitag, Potsdam:
Gardemusiker, „Sanssouci-Mann“, NS-Musikpropagandist.
Die ungewöhnliche Karriere des Hermann Nielebock alias Herms Niel (1888 – 1954)

In die Wiege gelegt war ihm der Musikerberuf keineswegs. Hermann Nielebock, der sich als erfolgreicher Musiker ab ca. 1927 Herms Niel nannte, stammte aus einfachsten, ländlichen Verhältnissen. In seinen knappen Erinnerungen über seinen Werdegang schreibt er dazu: „Als Sohn eines Ziegeleiarbeiters, der sehr arm war, konnte ich trotzdem den Musikerberuf als Lehrfach beschreiten …“.

Ohne akademische Musikausbildung, ohne je Tonsatz, Komposition und Dirigieren studiert zu haben, erfasste Niel die musikalischen Notwendigkeiten seiner Zeit schnell und exakt, er wurde als musikalischer „Allrounder“ quasi Liebling des Volkes. Dabei erreichte er seine höchste Popularität ab 1933. Als propagiert wurde „In der deutschen Gaststätte die deutsche Kapelle“, als überlegt wurde, wie das neue Soldatenlied und das Repertoire von Militärkapellen auszusehen habe, war Herms Niel mit seinen Liedschöpfungen schon einen Schritt weiter. Seine Musik war der NS-Ideologie von Anfang an hilfreich, später lieferte er den kompletten Sound für Hitlers Krieg. Aber Niel war auch vor Adolf Hitler schon auf fatale Weise populär.

Abb.: Herms Niel mit dem Reichsmusikzug des RAD in Rom 1940.
[Foto: Archiv S. Seidel / Potsdam-Museum].

Der 1888 in Nielebock b. Genthin geborene Hermann Nielebock ist das zweitälteste Kind unter acht Geschwistern, ihm wird die Musikausbildung in der Genthiner Stadtkapelle (ehem. Stadtpfeiferei) auf den Instrumenten Posaune und Tuba ermöglicht. Damit kann er 1906 eintreten ins 1. Garderegiment zu Fuß in Potsdam. Hier dient er – mit einer Unterbrechung von wenigen Monaten 1913/14 – bis Oktober 1919. Niel erlebt den Ersten Weltkrieg vom ersten bis zum letzten Tag. Er wird noch Ende 1917 stellv. Leiter (Vize-Feldwebel) eines (ganz unbedeutenden) Musikkorps des Infanterie-Regiments Nr. 423 an der Ost- und Westfront. Und Niel wird unsichtbar, schwer verwundet, compressio spinalis. Als er den Heeresdienst verließ, war seine Existenz völlig offen. Er arbeitete zunächst als Steuerbeamter, kehrte jedoch bald in den Musikerberuf zurück. Dabei war ihm die Mitgliedschaft im „Deutschen Musikerverband“ seit 1919 hilfreich, er wird dessen Verbandsvorsitzender. Dieser Umstand und der Glücksfall einer Schicksalsge meinschaft mit den Potsdamer Geschäftsleuten Helene und Max Laferski ermöglichen es dem Musiker, seine Karriere ab Mitte der 20er Jahre zügig aufzubauen. Über den „Musikerverband“ hat Niel stets Zugriff auf „freistehende“ Musiker, d.h. er kann talentierte Kollegen für seine eigenen Orchesterambitionen gewinnen. Die Laferskis führen mit Niel praktisch eine Ehe zu dritt, schon 1936 ziehen sie in die vom Musiker erbaute Villa in Potsdam-Eiche. Niel konnte sich ganz seiner Berufung widmen….


NVA

Ulrich Herr, Dresden:
Zum kontrollierten Radioempfang in den Kasernen der NVA der DDR –
Die elektroakustischen Anlagen K und 70.

Die SED-Funktionäre sahen im Empfang westlicher Rundfunk- und Fernsehsendungen eine Gefahr für ihr Informationsmonopol. Während dies in den 1970er und 1980er bei den „einfachen“ Bürgern weitgehend hingenommen wurde, duldete man dies bei den bewaffneten Organen als wichtige Stütze der Parteiherrschaft nicht. Dementsprechend heißt es im DDR-Handbuch Militärisches Grundwissen:

„Der Empfang von Rundfunk- und Fernsehsendungen aus nichtsozialistischen Staaten und Berlin (West) ist in militärischen Objekten und Unterkünften, einschließlich Wohn- und Ferienheimen sowie Kureinrichtungen und Lazaretten der NVA nicht gestattet.“

Abb.: Besuch des damaligen Generaloberst Keßler (2.v.l.) in der neu eröffneten Offiziershochschule der Grenztruppen in Suhl am 5. September 1984. Über der Tür ist der Einschubempfänger ELA 70 erkennbar.
[Aus: Offiziershochschule der Grenztruppen der DDR „Rosa Luxemburg“, hrsg. von der Politabteilung der OHS der GT. Suhl 1986, S. 84]

Dennoch wurde dieses Verbot mit privaten (und mitunter auch NVA-eigenen) Geräten umgangen. So vermutete 1981 eine Analyse über die „ideologische Diversion“ in den Grenztruppen monatlich 1.000 Fälle des Hörens von westdeutschen Sendern. Für die Nationale Volksarmee (NVA) können sicherlich aufgrund der größeren Truppenstärke wesentlich höhere Zahlen angenommen werden. Um dies zu verhindern, ließ das Ministerium für Nationale Verteidigung der DDR in den 1970er und 1980er Jahren in verschiedenen Kasernen sogenannte elektroakustische Anlagen installieren…


Militärische Ausrüstung

Gerhard Wanner, Leinfelden:
Preußische Kaffeemühle um 1862. Wie es begann.

Einführung des Kaffees in die Verpflegung.

“Allerh. K.-O. vom 13. Februar 1862.

Auf den Mir gehaltenen Vortrag bestimme Ich hierdurch Folgendes:

1) Bei der Verpflegung Meiner Armee soll fernerweit in Stelle der Branntweinportion der Kaffee treten und zwar a) im Felde, b) in vom Feinde eingeschlossenen oder belagerten Festungen – hier unter gleichzeitigem Wegfall der täglichen Bierportion. – c) im Frieden, in Bivouaks und bei ausserordentlichen Anstrengungen, also überhaupt da, wo die grosse Viktualienportion gegeben wird.

2) Die tägliche Kaffee-Portion – in gebrannten Bohnen – wird im Frieden auf 4/5 Loth, im Kriege und in belagerten Festungen auf 1 Loth pro Mann festgesetzt. –

3) Der § 31 des Reglements über die Natural-Verpflegung der Armee im Kriege erleidet eine Abänderung dahin: dass der kommandierende General ermächtigt wird, in Bivouaks und bei ausserordentlichen Anstrengungen (neben dem Kaffee) eine Portion Branntwein von 1/12 Quart verabreichen zu lassen. –

4) Die Ermächtigung ad 3 wird auch den Kommandan ten in vom Feinde eingeschlossenen oder belagerten Festungen für ähnliche Verhältnisse ertheilt, mit der Massgabe, dass in solchen Fällen die extraordinäre Branntweinportion (1/12 Quart einfachen für die Mannschaften, 1/18 Quart doppelten für die Officiere, Beamten etc.) oder event. auch eine entsprechende Portion Bier, welche hiermit, wie im Felde, auf ein Quart festgesetzt wird, gewährt werden darf. –

5) Den mobilen Train-Kolonnen sind eine entsprechende Anzahl Kaffeetrommeln und den Truppen für jede Korporalschaft eine Kaffeemühle zu überweisen. Die Beschaffung der letzteren hat schon im Frieden successive zu erfolgen.”


Das besondere Bild

Gerhard Rüddenklau, Stade:
Kasernenwache Erfurt Oktober 1919

Das Thüringische Reichswehr-Infanterie-Regiment 21 wurde als Verband der Vorläufigen Reichswehr im Mai/ Juni 1919 in Coburg, Erfurt und Rudolstadt aufgestellt. Dabei entstand sein II. Bataillon in Erfurt aus Angehöri gen des dortigen Freikorps Thüringen.

Text auf der Rückseite des Fotos:
“Zur Erinnerung meiner ersten Wache bei der Reichswehr II./21. Erfurt (Petersberg) am 2. Oktober 1919“.
[Sammlung Lars Wilhelmj, Erfurt]

Wie das Bild zeigt, war dieses Bataillon noch im Herbst 1919 mit feldgrauen Bekleidungsstücken der Alten Armee ausgestattet, die mit den behelfsweisen Übergangs-Dienstgradabzeichen gemäß Armeeverordnungsblatt 1919, S. 56 f. vom 19. Januar 1919 versehen waren. Die Einzelheiten dieser im zeitgenössischen Urteil „ganz besonders häßlichen und unscheinbaren Abzeichen“ (Georg Maercker, Vom Kaiserheer zur Reichswehr, (Leipzig 1922, S. 82) beschreiben Adolf Schlicht und Jürgen Kraus in ihrem Werk Die Uniformierung und Aus – rüstung des deutschen Reichsheeres 1919 – 1932 (Ingolstadt 1987, S. 39 – 41)…


Darstellungsgruppen

Sandra Bajohr, Woltersdorf:
VI. Internationale Deutsche Meisterschaften der Kavallerie

Vom 10. bis 12. September fanden die VI. Internationalen Deutschen Meisterschaften der Kavallerie in Crawinkel/Thüringen statt.

Abb.: Elb-National-Husarenregiment. [Foto: Dr. G. Römer]

Das Wetter war an diesem Wochenende hervorragend und die Bedingungen vor Ort ideal für die 120 Reiter in historischen Uniformen aus fünf Nationen (Schweiz, Ungarn, Frankreich, Iran und Deutschland) aufgeteilt in 13 Mannschaften.

Abb.: Preußischer Kürassier in der Lanzenübung. [Foto: Martina Enderle]

Die Prüfungen orientierten sich an den traditionellen Leistungsanforderungen der Kavallerie.

Bei einem Geländeritt über 10 Kilometer mussten 15 Naturhindernisse überwunden werden. Es folgten eine Dressurprüfung, die einhändig auf Kandare geritten wurde und ein Jagdspringen. Bei den Waffenübungen in der Stechbahn mit Lanze und Degen waren Schnelligkeit und Treffsicherheit gefordert. An beiden Tagen fand wie auch schon in der Vergangenheit, ein Wettbewerb im Tent Pegging statt – einer Sportart die Geschicklichkeit von Reiter und Pferd erfordert…


Außerdem dürfen Sie in Ausgabe 482 erwarten:

  • – Informationen aus der Gesellschaft und den Arbeitskreisen
  • – Buchbesprechungen / Rezensionen