Ausgabe Nr. 487

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AUS DEM VORSTAND

Als moderne militärhistorische Fachgesellschaft mit über das ganze Bundesgebiet verteilten Arbeitskreisen bietet unser Verein ein breites Spektrum an Dienstleistungen an: So können sich Mitglieder und interessierte Gäste über die vereinseigene Zeitschrift und zusätzliche Sonderpublikationen sowie auf jährlich stattfindenden wissenschaftlichen Tagungen kontinuierlich weiterbilden. Damit werden durch sie sowohl der militärhistorischen Forschung Impulse vermittelt als auch der Nachwuchs gefördert.

Die Kombination von Fachexpertise und emphatischen Engagement für die Militärhistorie ist seit Anbeginn das Alleinstellungsmerkmal unseres Vereins: 125 Jahre Deutsche Gesellschaft für Heereskunde e.V. – das ist eine bewegende Geschichte, auf die wir alle stolz sein können! Allein das wäre schon ein Grund zum Feiern.

Das diesjährige Jubiläum soll aber auch dazu dienen, erstmals die Rolle der Gesellschaft in den Jahren 1933 bis 1945 näher zu beleuchten, ein Desiderat, das es schon seit langem zu erfüllen galt. An Ansätzen fehlte es nicht. Helmut Gerhard Schulz, der langjährige Verleger der Zeitschrift, legte in der ersten Hälfte der siebziger Jahre eine Vereinsgeschichte seit Gründung vor, wobei aber hauptsächlich eigene Erinnerungen im Vordergrund standen. Auch der Festvortrag des früheren Leiters des Wehrgeschichtlichen Museums Rastatt Siegfried Fiedler zum 100-jährigen Jubiläum der Gesellschaft im Jahre 1998 blieb mit Blick auf deren Geschichte in den Zeitläuften des 20. Jahrhunderts ohne neuen Erkenntnisgewinn.

So war es ein ausdrücklicher Wunsch der amtieren den Vorstandschaft, sich dieses Themas anzunehmen und Mitglieder unserer Gesellschaft zu animieren, entsprechende Arbeiten zu erstellen. Dankenswerterweise fand dieser Aufruf Gehör und mit der gewohnten Professionalität entstanden Beiträge, deren Ergebnisse sich nicht nur sehen lassen können, sondern vor allem dazu beitragen, diese Lücke in unserer Vereinsgeschichte endlich zu schließen. Freuen Sie sich mit mir auf die kommenden vier Ausgaben des Jubiläumsjahres 2023 und lassen Sie sich überraschen.

Ihr Dr. Frank Wernitz


125 Jahre Deutsche Gesellschaft für Heereskunde

Ulrich Herr, Dresden:
Aspekte zur Geschichte der Gesellschaft für Heereskunde zwischen 1929 und 1945

Einleitung

Erstmals hat 1973/74 Helmut Gerhard Schulz, der langjährige Verleger der Zeitschrift, über die Vereinsgeschichte seit der Gründung 1898 berichtet. Für den hier interessierenden Zeitraum legte er vor allem seine eigenen Erinnerungen zugrunde. Der Festvortrag des früheren Leiters des Wehrgeschichtlichen Museums Rastatt Siegfried Fiedler (1922–1999) anlässlich des 100-jährigen Bestehens 1998 ging zeitlich bis in die damalige Gegenwart, blieb aber bezüglich der Geschichte der Gesellschaft inhaltlich ohne weiteren Tiefgang und vermittelte das Geschichtsverständnis eines früheren Wehrmachtsoffiziers. In jüngster Zeit ist es das Verdienst unseres Mitglieds Uwe Poblenz sich intensiv und unter Berücksichtigung archivalischer Quellen mit Dr. Martin Lezius (1884–1941), Schriftleiter unserer Zeitschrift und Vorstandsmitglied, beschäftigt zu haben.

Da die Beiträge von Schulz und Fiedler eine chronologische Darstellung der Geschichte der Gesellschaft für Heereskunde beinhalten, möchte der folgende Beitrag lediglich einige Schwerpunkte aus dem Zeitraum von 1929 bis 1945 behandeln. Der Beginn des Zeitrahmens wurde mit dem Erscheinen einer eigenen Zeitschrift gewählt, da diese selbst eine wichtige Quelle darstellt und die fehlenden Unterlagen zur Geschichte der Gesellschaft in gewissem Maße ersetzen kann.

Abb.: Ausschnitt aus dem Mitgliederverzeichnis vom 15. Mai 1933
[Archiv der DGfH].

Ein erster Schwerpunkt ist die Mitgliederstruktur. Hier ergibt sich die spannende Frage, wie sich Vorstand und Mitglieder zum Nationalsozialismus positioniert haben, wie sie den ihnen zur Verfügung stehenden Spielraum genutzt bzw. sich dem nationalsozialistischen System angepasst haben und inwiefern sich dies in der Zeitschrift widerspiegelt…


Ulrich Herr, Dresden:
Oberst Eberhard Hettler (1899–1945)

Abb.: Oberst Hettler, Porträtfoto um 1943
[Familie Hettler].

Eberhard Hettler findet sich im Gesamtregister der Zeitschrift für Heereskunde zwischen 1930 und 1940 als Autor von etwa einem Dutzend Beiträgen. In den 1950er-Jahren wurden noch ein 1933 an ihn geschriebener Brief sowie ein kleiner mit „Aus hinterlassenen Notizen des Oberst Hettler“ überschriebener Beitrag anonym veröffentlicht. Einen Nachruf sucht man jedoch in der Zeitschrift vergebens. Hettler ist einfach aus dem Gedächtnis unserer Gesellschaft verschwunden. Lediglich der 2021 verstorbene Verleger Klaus D. Patzwall erinnerte 1988 und 1989 in zwei Veröffentlichungen seines Verlages kurz an Hettlers Leben und tragisches Ende. Dieser Beitrag soll Eberhard Hettler ein Denkmal setzen und sein Schicksal in Erinnerung bringen. Er ist seinen drei Söhnen gewidmet.

1. Wirken als Heereskundler

Bereits als Kind begann Eberhard Hettler mit dem Sammeln von Zinnfiguren. Die Beschäftigung mit dem Militär und Uniformen blieb auch später noch sein Hobby. Der Gesellschaft für Heereskunde ist Hettler vor 1933 beigetreten, denn in diesem Jahr bekleidete er bereits das Amt eines stellvertretenden Schriftführers. Im Jahr 1935 wurde Hettler als stellvertretender Schatzmeister geführt, 1938 als 1. Schriftführer. Er interessierte sich ausweislich seiner in der Zeitschrift für Heereskunde erschienenen Beiträge insbesondere für die sogenannten Schutztruppen in den deutschen Kolonien, die deutschen Truppen in Ostasien, Marineuniformen aber auch für die württembergische Gebirgstruppe im Ersten Weltkrieg. In dem umfassenden, von Herbert Knötel, Paul Pietsch und Werner Baron Collas herausgegebenen Werk „Uniformkunde. Das Deutsche Heer. Friedensuniformen bei Ausbruch des Weltkrieges“ bearbeitete Hettler die Kapitel über die Militär- und Zivilbeamten der Militärverwaltung sowie zur Marineinfanterie und Schutztruppe. Sein 1939 erschienenes Buch „Uniformen der deutschen Wehrmacht einschließlich Ausrüstung und Seitenwaffen“ sowie den 1940 erschienenen Nachtrag illustrierten wiederum vor allem Herbert Knötel und Paul Pietsch…


Ulrich Herr, Dresden:
Der erste Vorstand der Gesellschaft für Heereskunde nach 1945 –
H. Knötel, O. Bluth, W. Boehm, K. Heinze, O. Neubecker, H.-J. Ullrich

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs fiel die Deutsche Gesellschaft für Heereskunde unter das vom Alliierten Kontrollrat Ende November 1945 erlassene Gesetz Nr. 8, welches im Artikel 3 festlegte: „Alle Verbände und Vereine ehemaliger Kriegsteilnehmer und alle Vereine, Verbände und Gruppen, welche das Ziel haben, die deutschen militärischen Traditionen aufrechtzuerhalten, sind verboten und werden unverzüglich aufgelöst.“

Inwiefern persönliche Kontakte weiterhin aufrechterhalten wurden, ist nicht überliefert. Vermutlich werden zunächst aber die Alltagssorgen wie Wohnraum-, Heizmittel- und Lebensmittelmangel, Sorgen um vermisste oder kriegsgefangene Familienangehörige im Vordergrund gestanden haben. Mit der allmählichen Verbesserung der Lebensverhältnisse ab Ende der 1940er Jahre, der Rückkehr vieler Kriegsgefangener und dem Abschluss der Vertreibungen nahmen in Berlin lebende ehemalige Mitglieder wieder engeren Kontakt auf. Hinzu traten Interessierte, die vor dem Zweiten Weltkrieg noch nicht Mitglied der Gesellschaft waren.

Abb.: Titelseite der von Oscar Bluth für das DDR-Verteidigungsministerium verfassten Broschüre „Uniform und Tradition“
[Sammlung H].

Im Dezember 1949 hob die für die drei westlichen Besatzungszonen zuständige Alliierte Hohe Kommission für Deutschland den Artikel 3 des Kontrollratsgesetzes Nr. 8 auf, sodass die Gesellschaft für Heereskunde wieder aktiv werden konnte. Vermutlich fanden seitdem wieder regelmäßige Sitzungen statt.

Am 12. November 1952 soll in West-Berlin eine Mitgliederversammlung stattgefunden haben. Eine andere Überlieferung datiert das „juristische Wiederaufleben der Gesellschaft“ bereits auf den 9. Juli 1952. Diesem Datum lässt sich aber bisher kein Ereignis zuordnen. Jedenfalls muss spätestens 1952 eine Mitgliederversammlung mit der satzungsgemäßen Wahl des Vorstandes stattgefunden haben, denn im Januar 1953 trat die Deutsche Gesellschaft für Heereskunde als eingetragener Verein mit einer Ausgabe ihrer Zeitschrift wieder an die Öffentlichkeit. Auf der ersten Seite findet sich ein auf den Dezem ber 1952 datierter Aufruf „An alle Freunde der Heereskunde“. Aufgerufen wurden alle ehemaligen Mitglieder sich wieder in der Gesellschaft zusammenzuschließen und die bisherige Arbeit fortzusetzen. Unterzeichnet ist der Aufruf mit „Der Vorstand der Gesellschaft für Heereskunde E.V.“ und den Namen Knötel, Ullrich, Boehm, Neubecker, Heinze, Bluth.

Die Verteilung der Ämter, die aus dem Aufruf nicht her vorgeht, kann rekonstruiert werden: Knötel fungierte als Vorsitzender, Neubecker als stellvertretender Vorsitzender, Boehm als Kassenwart und Bluth als 2. Kassenwart. Schriftführer – dem heutigen Sekretär entsprechend – war Ullrich, Heinze stellvertretender Schriftführer. Die Schriftleitung für die Zeitschrift hatten Neubecker und Ullrich übernommen. Doch wer waren die 1952 gewählten Vorstandsmitglieder?…


Abb.: Titelseite der 1929 erschienenen ersten Ausgabe unserer Zeitschrift, damals unter dem Titel: Gesellschaft für Heereskunde – Mitteilungen sowie Textbeilage der handkolorierten Knötel’schen Uniformbogen.

Ulrich Herr, Dresden:
Die Metamorphose unseres Vereinslogos

Als mit Nr. 407 (Januar/März 2003) unsere Zeitschrift erstmals vollständig in Farbe erschien, schrieb der hierfür verantwortliche Redakteur, unser langjähriges und verdienstvolles Mitglied Rolf Noeske im Editorial:

„[…] mit der ersten Ausgabe des Jahres erscheint unsere Zeitschrift in einem neuen Aussehen. Die Auswahl erfolgte aus nahezu 100 Entwürfen in den unterschiedlichsten Farbtönen- und -schattierungen […]“.

Sowohl die Titelseite als auch die erste Seite jedes Heftes ziert seitdem links oben ein farbiger preußischer Kürassierhelm, wie er 1808 eingeführt wurde. Unser Mitgliedsabzeichen sowie die Ehrennadel weisen den Helm golden auf schwarzem Untergrund auf. Dem Mitgliedsabzeichen lag ein Beschluss der Jahreshauptversammlung 1985 zugrunde. Ob verschiedene Gestaltungsvarianten diskutiert wurden, ist nicht überliefert. Beginnen wir die Zeitreise zurück zum Ursprung des Kürassierhelms – unseres Vereinslogos.

Erst seit Ausgabe Nr. 173 (Januar/Februar 1961) findet sich der Helm als einfarbige Zeichnung im Kopf der damals noch kleinformatigeren Zeitschrift…


Uniformkunde

Markus Stein, Berlin, Markus Gärtner, Lampertheim und Jérôme Lantz, Arcachon (Frankreich):
Analyse einer Fotografie von 1865
mit einem hannoverschen Husaren der Befreiungskriege

Abb.: Husar Ludwig Eckhard in der alten Husarenuniform der Befreiungskriege. Fotografie um 1865
[Sammlung Jérôme Lantz].

Sammler oder Interessierte der Napoleonischen Zeit kennen die beeindruckenden Portraits, die von alten Veteranen der Armee Napoleons I. in deren Original- oder zum Teil nachgefertigten Uniformen um 1850 an gefertigt wurden. Daher erscheint es zunächst nicht erstaunlich, dass in die Sammlung von Jérôme Lantz eine teilweise nachkolorierte Fotografie gelangte, die einen Husaren mit offensichtlich napoleonischer Montierung zeigt (Abbildung). Jedoch stellt diese Aufnahme insofern eine Sensation für uniformkundlich interessierte Sammler dieser Periode dar, weil bisher keine Fotografien von Veteranen alliierter und insbesondere deutscher Truppen bekannt geworden sind.

In der Bibliothèque Nationale Paris befindet sich eine Ausarbeitung des belgischen Uniformkundlers Winand Aerts mit dem Titel Troupes Hanovriennes 1813–1815, vormals in der Collection de Ridder. Die darin enthaltene Tafel Nummer 43 stellt einen Husaren dar, der offensichtlich nach der Fotografie angefertigt wurde. Aerts gibt auf seiner Tafel die Anfertigung eines Portraits des Husaren Ludwig Eckhard an, im begleiten den Text zur Tafel schreibt er, dass Eckhard zum Zeitpunkt der Fotografie 71 Jahre alt war. Das Portrait würde Eckhard in seiner alten Husarenuniform der Jahre 1813 und 1814 und mit den Erinnerungsmedaillen für 1813 und Waterloo zeigen. Auf der Rückseite der Tafel gibt Aerts das Entstehungsjahr der Fotografie mit 1865 an.

Identifikation von Person und Einheit

Die auf der Tafel von Winand Aerts angegebenen Daten weisen auf einen Ludwig Eckhard hin, der 1794 geboren, von 1813 bis 1820 im hannöverschen Militär diente und zum Zeitpunkt der Aufnahme 71 Jahre alt war. Laut Aerts wurde Eckhard mit der Gedenkmedaille für den Feldzug von 1813 und der Waterloo-Medaille ausgezeichnet…


Hans-Dieter Zimmer, Zweibrücken:
Drei Fotografien aus den Anfängen des 1. Hannoverschen Dragoner-Regiments Nr. 9

Abb.: Dragoner.
Am Kragen und den Ärmelaufschlägen sind die Litzen gut erkennbar. Die Aufnahme stammt aus dem Atelier des Fotografen Fr. Kahlmeyer in Osnabrück
[Sammlung Zimmer].

Der sogenannte Deutsche Krieg von 1866 hatte die Annexion des Königreichs Hannover durch Preußen zur Folge. Hannover wurde die Provinzhauptstadt der neuen gleichnamigen preußischen Provinz und Sitz des neu aufgestellten X. Armeekorps. An Truppen sollte dieses Korps teils alte, teils neu aufzustellende preußische Regimenter bzw. Bataillone und außerdem die Truppen einiger Bundeskontingente erhalten.

An Kavallerie wurden für das X. Armeekorps durch Allerhöchste Kabinetts-Ordre (AKO) vom 27. September 1866 das Dragoner-Regiment Nr. 9 sowie das Ulanen-Regiment Nr. 13 aufgestellt und die Uniformen festgelegt. Im Folgenden soll jedoch nur das Dragoner-Regiment Nr. 9 betrachtet werden, dessen Formierung in Berlin stattfand. Und zwar bildeten:
– die 5. Eskadron des Garde-Kürassier- Regiments die 1. Eskadron,
– die 5. Eskadron des 1. Garde-Dragoner-Regiments die 2. Eskadron,
– die 5. Eskadron des 2. Garde-Dragoner-Regiments die 3. Eskadron und
– die 5. Eskadron des Garde-Husaren-Regiments die 4. Eskadron des Dragoner-Regiments Nr. 9.

Nach einer Parade in Berlin in der Straße Unter den Linden vor König Wilhelm I. wurde das Regiment mit Extrazügen in seine neuen Garnisonen befördert:
Osnabrück: Stab 1., 2. und 4. Eskadron sowie Lingen/Ems: 3. Eskadron. Gemäß einer AKO vom 10. November 1866 mussten fast alle Kavallerieregimenter zum 1. April 1867 eine 5. Eskadron aufstellen. Die 5. Eskadron des Dragoner-Regiments Nr. 9 erhielt als Garnison Osnabrück zugewiesen.

Die Uniform des Dragoner-Regiments Nr. 9 (durch AKO vom 7. November 1867 Bezeichnung:
1. Hannoversches Dragoner-Regiment Nr. 9) war die den preußischen Dragonern allgemein vorgeschriebene Uniform mit gelben Knöpfen sowie weißen Abzeichen.

Daraus ergaben sich folgende Besonderheiten:…


Blankwaffen

Jens Wiesberger, Magdeburg:
Die kurzen Seitengewehre 98 für Kavallerie im Truppenversuch 1909
– Zweiter Nachtrag

Nachdem in Heft Nr. 465 (Juli/September 2017), Seite 149–153 ausführlich über den befohlenen Truppenversuch in der deutschen Kavallerie im Jahr 1909 mit je einer Eskadron von fünf Kavallerie-Regimentern und der dazu erschienenen „Anleitung zum Truppenversuch mit veränderter Trageweise des Karabiners 98, eines kurzen Seitengewehrs und der Munitionsausrüstung“ berichtete wurde, soll hier ein Versuchsmuster zum später gefertig ten Versuchsseitengewehr in der Ausführung Klinge mit Hohlkehle und Sägerücken vorgestellt werden. Im ersten Nachtrag „Die kurzen Seitengewehre 98 für Kavallerie im Truppenversuch von 1909“ in Heft Nr. 467 (Januar/März 2018), Seite 51 wurde ein aptiertes kurzes Seitengewehr 98 für Kavallerie Truppenversuch 1909 (Aptierung – Entfernung des Griffbügels), Ausführung Klinge mit Hohlkehle und Sägerücken aus dem Bestand vorgestellt. Sehr gut erkennbar waren hier die Reste des Griffbügels am Griffkopf.

Abb.: Gesamtansicht Seitengewehr Quarseite und Scheide Terzseite
[Sammlung Rick Hinderer]

In der Sammlung Rick Hinderer (USA) ist jetzt ein weiteres Versuchsmuster zum später gefertigten kurzen Seitengewehr 98 für Kavallerie Truppenversuch 1909 in der Ausführung Klinge mit Hohlkehle und Sägerücken aufgetaucht. Dieses wird im Folgenden vorgestellt…


Militärmuseen

Bernd A. Windsheimer, Ortenburg:
Friedrich Freiherr von der Trenck oder
wie ein altpreußisches Militärmuseum in Bayern entstand

Abb.: Friedrich Freiherr von der Trenck in der Uniform eines österreichischen Rittmeisters. Frontispiz einer Ausgabe seiner Memoiren von 1787.

Das Leben des Friedrich Freiherr von der Trenck

Als Friedrich Freiherr von der Trenck am 16. Februar 1726 im fernen Königsberg geboren wurde, konnte noch niemand ahnen, dass er durch seine Memoiren – ähnlich wie sein Zeitgenosse Casanova – eine der berühmten Personen des 18. Jahrhunderts werden würde.

Schon mit 13 Jahren konnte er die Universität seiner Heimatstadt besuchen und fiel durch seine ungewöhnliche Begabung auf. 1742 wurde er als Kadett in die preußische Garde du Corps aufgenommen und nahm als Ordonnanzoffizier Friedrichs des Großen am Zweiten Schlesischen Krieg teil, wo er das Vertrauen des Königs gewann.

Ein Jahr später kam es anlässlich der Vermählungsfeierlichkeiten der Königin von Schweden zur ersten Begegnung mit Amalie, der jüngsten Schwester des preußischen Königs, der 1744/45 eine kurze Affaire gefolgt sein soll. Dass die Kontakte bis zu Amalies Tod 1787 tatsächlich bestanden und nicht abrissen, ist mittlerweile hinlänglich belegt.

Doch 1745 erfolgte die überraschende Verhaftung von der Trencks und Inhaftierung auf der schlesischen Festung Glatz. Zumindest offizieller Grund war ein Kontakt mit seinem österreichischen Vetter und politischen Gegner Franz von der Trenck. In seinen Memoiren gibt er allerdings den Kontakt mit einer „hohen Dame“ an, der des Königs Eifersucht erregt haben soll.

Die spektakuläre Flucht aus der Festung in Glatz nach Österreich, der vergebliche Kampf um das Erbe des österreichischen Trencks, der ihn als Alleinerben eingesetzt hatte, kurze militärische Karriere und Liebschaften in St. Petersburg, Verhaftung in Preußen und fast zehnjährige unmenschliche Festungshaft in Magdeburg bestimmten sein Leben bis 1763.

Die Schilderung seiner dortigen spektakulären Fluchtversuche in seinen Memoiren machten ihn berühmt. Sie erreichten nicht nur den deutschsprachigen Raum, sondern wurden in verschiedene Sprachen übersetzt. Nach dem Siebenjährigen Krieg erwirkte Österreichs Herrscherin Maria Theresia die Freilassung Trencks, der sein ruheloses Leben fortsetzte.

Sein tragisches Ende erlebte er als angeblicher österreichischer Spion im revolutionären Paris unter der Guillotine am 27. Juli 1794, zwei Tage vor der Hinrichtung Robespierres. Er wurde in einem heute unbekannten Massengrab verscharrt.

Die Verfilmung

Vor 50 Jahren, im Jahre 1972 verfilmte das ZDF in einer deutsch-französisch-italienisch-österreichischen Koproduktion in Ungarn und Bayern diese Memoiren spektakulär und äußerst aufwendig in einer sechsteiligen Serie unter der Regie von Fritz Umgelter. Die damals noch relativ unbekannten Gernot Roll und Josef Vilsmeier hinter der Kamera setzten das Drehbuch in farbenprächtige Bilder um. Für den damals ebenfalls noch unbekannten 32-jährigen Hauptdarsteller Matthias Habich bedeutete es der Beginn einer großen Karriere.

Museale Initialzündung

Als der damals 23-jährige Student der Geschichte und Autor dieses Artikels diese Verfilmung des Bestsellers sah, löste sie bei ihm eine Initialzündung mit lebenslangen Folgen aus. Er verließ seine bisherige Lieblingsepoche – die napoleonische Ära – und verfiel bis zum heutigen Zeitpunkt dem 18. Jahrhundert mit dem Focus auf die friderizianische Epoche. Seine damalige Militariasammlung aus den Befreiungskriegen wurde vertauscht oder verkauft und in Objekte aus dem 18. Jahrhundert mit dem Schwerpunkt Preußen investiert. Als sie zu Beginn der 1990er Jahre einen solchen Umfang annahm, der das Fassungsvermögen eines Einfamilienhauses, aber auch die Vorstellungskraft seiner geduldigen Ehefrau sprengten, war der Zeitpunkt gekommen, sie in eine öffentliche Einrichtung überzuführen…

Abb.: Eröffnung des Armeemuseums Friedrich der Große in der Plassenburg ob Kulmbach im Juni 1999 durch den bayerischen Finanzminister Kurt Faltlhauser (rechts). Mitte: Museumsgründer Bernd A. Windsheimer, links: Oberbürgermeisterin Inge Aures bewacht von den Langen Kerls aus Potsdam.

Außerdem dürfen Sie in Ausgabe 487 erwarten:

  • – Das besondere Objekt:
    Ein Buch aus dem Nachlass Richard Knötels und Hans M. Brauers
  • – Aus Nachbarpublikationen
  • – Informationen aus der Gesellschaft und den Arbeitskreisen
  • – Buchbesprechungen / Rezensionen